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Der Herr der Ringe - Die zwei Türme
USA/Neuseeland (The Lord of the Rings II: The Two Towers) 2002 Regie: Peter Jackson Mit: Elijah Wood, Sir Ian McKellen, Liv Tyler 179 Min. FSK: ab 12
Wie der dunkle Herrscher die Ringe der Macht sammelt, so sehnt sich der Fan nach dem nächsten Stück der Jackson-Verfilmung von "Der Herr der Ringe". 2002 ist das zweite an der Reihe und dank aufwändigem Marketings weiß eigentlich jeder davon. "Der Herr der Ringe" war ein Mammut-Projekt in Sachen Dreh und Koordination. Doch was ist tatsächlich davon zu sehen, was bekommen die Zuschauer ab dem 18.12. für ihr - wegen Überlänge erhöhtes - Eintrittsgeld? Vor allem eine Menge Schlachten: Die Tolkien-Saga fährt im zweiten Teil die ganze böse Bedrohung auf, die vorher am Horizont herauf dräute. Menschen, Mittelerde und der Rest der Fantasy-Welt sind in ihrer Existenz gefährdet. Wenn die Horden Sauromans losbrechen, vampir-artige Fratzen, die sich wie Tiere auf ihre Gegner stürzen, dann verlieren sich die Geschichten der Gefährten, die im ersten Teil aufbrachen, den mächtigen Ring zu zerstören, in schlammigen und blutigen Massenszenen. Mythisches Waffengeklapper, rhetorisches Muskelspiel, Morden und Brennen wie im Mittelalter. Dazwischen Angst in Frauen- und Kindergesichtern, doch dieses Kriegstreiben langweilt wie anderes sinnloses in jedem Zeitalter und jeder Form.
Wenn der Film in Kriegsgemetzel ausartet, wenn das große Panorama der Heerscharen vorherrscht, geraten einzelne Figuren und ihre inneren Bewegungen unter die marschierenden Füße, die stampfenden Hufe. Seltsamerweise laufen dabei zwei Außenseiter der Geschichte dem eigentlichen Helden, dem kleinen Hobbit Frodo (Elijah Wood), den Rang ab: Der vagabundierende Herrscher Aragorn (Viggo Mortensen), auch (Land-) "Streicher" genannt, wird vom kühlen Reiz der blonden Königstochter Eowyn aus Rohan (Miranda Otto) angezogen. Doch diese Zuneigung erinnert ihn nur an den schmerzlichen Verzicht auf die Elfin Arwen (Liv Tyler). In der Wirkung erweisen sich die Szenen tiefer Sehnsucht eines Leidenden und Liebenden stärker als Tausend Heerscharen.
Auch das kriechende Schattenwesen Gollum, ein früherer Besitzer des verzehrenden Ringes, zeigt - obwohl auf Basis des Spiels von Andy Serkis digital erzeugt - eine Menge Charakter: Die Zwiegespräche zwischen Gollum und Smeagol, seinem früheren Ich, die einsamen Kämpfe zwischen Ring-Sucht und Freundschaft gehören zu den stärksten Szenen des drumherum sehr lauten Films.
Denn die beeindruckenden Landschaften bleiben oft ohne Bezug; ganz selten, etwa bei den schaurigen Todessümpfen zieht die Szenerie das Publikum richtig hinein. Die digitalen Tricks setzen sich vom heutigen Standard nicht ab, locken höchstens ein müdes Lächeln hervor. Lachen ist in diesen düstern Zeiten nicht angesagt: Die wenigen Scherze gehen meist auf Kosten des Zwergen Gimli.
Ansonsten Tragödienszenen zuhauf, Abschiede, letzte Worte wie bei Shakespeares Königsdramen. Wenn die "rote Morgensonne von einer blutigen Nacht kündet", gleiten solche bedeutungsschweren Sprüche schnell ins Alberne ab. Der riesige Baumhirte Ent öffnet den Blick auf das Öko-Märchen, das auch im "Herrn der Ringe" steckt (und nicht sehr ökonomisch erzählt wird): Die Herrschaft des Metalls und der Räder, die Industrialisierung bis zum Krieg wird beweint und später liefern die gigantischen Baumhirten eine Comic-Version von Macbeths marschierendem Wald.
Viel Gerede gab es zum Titel "Die zwei Türme" und den Erinnerungen an die zu Fall gebrachten Twin Towers in New York. Diese überzogene Parallele ließe sich fort spinnen, denn alle Völker machen sich in Mittelerde zum Krieg bereit, um dem seltsam unfassbaren Bösen zu widerstehen. Doch derartige Aktualisierung ist unpassend, schon Tolkien hat den Vergleich zu Hitlers Krieg abgewiesen. Ein Bezug des Märchens zu Kriegsplänen der USA wäre auch deswegen unangebracht, weil es bei diesen nicht um eine Geschichte geht, sondern um reale Tote, reale Verluste bis in Bundeshaushalt hinein, in dem soziale und kulturelle Bereiche für die "Verteidigung" bluten müssen.
Für den abschließenden dritten Teil ist noch mehr Schlachten angekündigt, allerdings wieder erst nach Jahresfrist, damit der Ring- und Potter-Vermarkter Warner möglichst viel Geld machen kann.
http://www.derherrderringe-film.de
http://www.lordoftherings.net
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