Das Geisterhaus

BRD, Regie Bille August

Von Günter H. Jekubzik

Heute abend erlebt eine deutsche Filmproduktion mit Hollywood-Format seine Weltpremiere. "Das Geisterhaus" nach dem berühmten Roman Isabel Allendes wurde mit großen Namen vor und hinter der Kamera vom Produzenten Bernd Eichinger und seinem Medienkonzern Neue Constantin umgesetzt.Meryl Streep, Glenn Close, Jeremy Irons und Winona Ryder spielen die Hauptrollen in der "endlose Geschichte von Haß, Blut und Rache", die nach den Erlebnissen der Allendes mit dem brutalen Militärputsch in Chile endet. Das Familienepos vierer Generationen realisierte Bille August, der für seine sechs Spielfilme bereits zwei Goldene Palmen, einen Oscar und einen Cesar erhielt.So eine Besetzung kann nur Erfolg bedeuten. Doch der Name Eichinger als Produzent macht skeptisch: Waren "Der Name der Rose" und "Letzte Ausfahrt Brooklyn" trotz aller Kritik noch recht erfolgreich, so fielen die effektheischenden, seelenlosen Machwerke "Salz auf unserer Haut" und "Body of Evidence" auch beim Publikum durch.

Die zentrale Figur im "Geisterhaus" ist die mit spirituellen Gaben beglückte Clara (Meryl Streep). Bereits als kleines Mädchen erwählt sie sich den energischen Esteban Trueba (Jeremy Irons) als Mann, der mit liebloser Willenskraft aus dem Nichts eine prosperierende Hazienda schafft. Estebans herrisches Gehabe, sein Jähzorn und seine rücksichtslose Sexualität, die sich in einer Vergewaltigung zeigt, zerstören jede Lebensfreude seiner Mitmenschen. Die Freundschaft zwischen Clara und seiner Schwester Ferula (Glenn Close) trennt er ebenso wie die Liebe seiner Tochter Blanca (Winona Ryder) zum sozialistischen Landarbeiter Pedro (Antonio Banderas, der junge Liebhaber aus "Mambos Kings"). Die jahrzehntelange Leidensgeschichte kulminiert unter dem Putsch des chilenischen Militärs. Als die privaten und politischen Sünden des Vaters letztendlich über die Tochter kommen, ist auch der inzwischen zum konservativen Politiker korrumptierte Esteban Trueba von der Gewalt schockiert.

Wie der Querschnitt einer wunderbaren Oper ist "Das Geisterhaus" auf dramatische Höhepunkte fixiert. Diese wirken wie kurz angespielt, die große Entwicklung der Charaktere fehlt, sie hätte die einsam bleibenden Kurzszenen verbinden müssen. Erst im vorletzten Abschnitt, bei den Ereignissen unter der Militärdiktatur, reißen unerträgliches Leid und der Schmerz Blancas die Gefühle mit. Insgesamt bleibt die Freude über 'Gastauftritte' der großen Schauspielstars, die allerdings immer irgendwie Irons, Streep oder Close bleiben. Verglichen mit anderen Patriarchen der Filmgeschichte wie Burt Lancaster als "Der Leopard" oder Robert de Niro als Gutsbesitzer in "1900" verblaßt Jeremy Irons.

Die vielen Fans des Erfolgsromans von Isabel Allende werden sich an einigen Figuren stossen, die im Film kurz auftauchen, dann aber wieder verschwinden, obwohl sie im Buch noch wichtige Rollen übernehmen. In der Filmografie des dänischen Regisseurs Bille August bildet nach "Pelle der Eroberer" oder "Die besten Absichten" "Das Geisterhaus" mit der geringsten Aufmerksamkeit und Liebe für seine Figuren den Tiefpunkt. Die etwas eintönigen Kompositionen Hans Zimmers lösten die in ihrer Unverwechselbarkeit sehr variantenreiche Musik Ennio Morricones ab, die noch bei den ersten Trailern zu hören waren.Bernd Eichinger gelang damit wieder ein großes Produkt, das sicherlich auch Chancen auf dem Weltmarkt hat. In den Herzen des Publikums wird der kostspielige Aufwand schwerer einen Platz finden. Eine sternenbekrönte Dose voller Erinnerungen begleitet Clara und Blanca durch den Film, doch für uns bleibt sie verschlossen.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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