Spielfilme und Spielgeld

Oldenburgs Festivalmacher Torsten Neumann als Jurymitglied in Gijón

Das eigene Filmfestival in Oldenburg gerade mal erfolgreich hinter sich gebracht, sitzt Torsten Neumann wieder eifrig im Kino. Diesmal aber wesentlich entspannter: Als Gast und Mitglied der Internationalen Jury beim "43. Festival International de Cine de Gijón" in Spanien (24.11. - 2.12.2005). Von den Eindrücken bei seinem zweiliebsten Festival erzählte er unserem Mitarbeiter Günter H. Jekubzik.

Gijón. Nicht nur in guten Filmen, auch im wahren Leben gibt es angenehme Überraschungen. So vor zwei Jahren im Mai. Torsten Neumann sichtete in Cannes gerade wieder Filme für sein eigenes "Internationales Filmfestival Oldenburg", als er auf die Spanier José Luiz Cienfuegos und Fran Gayo traf. Der Festival-Direktor und der Programm-Macher waren für das nordspanische Festival von Gijón in gleicher Mission unterwegs. Neumann gestand, dass für ihn "Gijón immer das beste Indie-Festival in Europa" war. Und erhielt prompt das Lob für Oldenburg zurück. Schnell entdeckte man, dass man "die gleiche Energie" hat und beschloss, gemeinsame Sache zu machen.

So begann die Kooperation der Filmfestivals von Gijón und Oldenburg, die das Norddeutsche Filmfest verstärkt auf dem internationalen Radar bemerkbar macht. Ein wichtiger Schritt, der durch die Zusammenarbeit von Filmfestival und Stadtmarketing möglich wurde, wie Neumann betont. 2004 lief erstmals der beste deutsche Film aus Oldenburg im Wettbewerb von Gijón. Dieses Jahr konnte Torsten Neumann das Festival persönlich erleben, neben weltberühmten Regisseuren wie Todd Solondz ("Palindrome") und Claire Denis ("Nénette et Boni") sowie vielen anderen Filmmachern und Schauspielern ist er Gast in Gijón. Mit der fünfköpfigen Internationalen Jury sichtet er knapp zwanzig Filme und ebenso viele "Kurze" aus aller Welt.

Schon im Juli war der Oldenburger Festivalmacher in einer prominenten Jury. Beim Duke City Shootout Film Festival, das von Francis Ford Coppolas Sohn Christopher geleitet wird, war der Musiker Tom Waits dabei. Neumanns Co-Juristen in Gijón sind die in Spanien berühmte Schauspielerin Lucia Jiménez, die iranische Künstlerin und Regisseurin Mania Akbari, der spanische, als Geheimtipp gehandelte Regisseur Chema de la Pena sowie der slowenische Regisseur Jan Cvitkovic.

Neumann hat auch "Die Boxerin" von Catherina Deus als Oldenburg-Sieger mitgebracht. Der Film über die junge Johanna, die sich in Eberswald auf dem Elend rausboxt, darf zwar nicht in den Wettbewerb, da er schon mal in Spanien lief. Aber es gibt eine Sondervorstellung, auf die sich auch die Regisseurin sehr freut. Denn "hier in Gijón gehen die Leute mit besonders viel Begeisterung in die Vorstellungen", hat Catherina Deus gleich gemerkt.

Auch Torsten Neumann schwärmt vom Festival am asturischen Küstenort: "Es ist in der ganzen Stadt präsent, ganz Gijón ist mit Plakaten, Events und Schaufensterdekorationen auf das Festival eingestellt." Mit einigen Besonderheiten. Die Spanier stehen schon früh in langen Schlangen vor dem Ticketschalter, um sich Karten zu reservieren. Sie sehen sich morgens um Zehn einen Film an und dann abends um Fünf wieder. Dazwischen ist Siesta oder ausgiebiges Dinieren in den vielen ausgezeichneten Restaurants angesagt. In denen man übrigens mit Spielgeld bezahlt, wie Neumann schmunzelnd erzählt. Das vom Festival ausgegebene "Monopoly-Money" nimmt er als eine von vielen Ideen mit nach Oldenburg, denn die bunten Scheine sind viel netter als die üblichen Essensgutscheine. Auch sonst kann er für sein relativ junges Festival bei einem Veteranen lernen, der schon 43 Ausgaben erlebt hat. Von einem reinen Kinderfestival entwickelte sich Gijón zum internationalen Filmforum, das hinter San Sebastian zu den wichtigsten Filmereignissen Spanien gehört. Doch das Wichtigste ist der persönliche Kontakt und der Austausch übers Jahr, damit auch 2006 wieder viele spannende Filme in Oldenburg laufen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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