Parallele Diagonale?

Die gute Nachricht lautet, dass es im März 2004 in Graz wieder die Diagonale, "das unabhängige Festival des österreichischen Films" geben soll. Ob es dann die "Originale Diagonale" sein wird oder ob es eine parallele Gegenveranstaltung gibt, müssen die nächsten Wochen zeigen.

Das Festival des Österreichischen Films war schon immer ein Problemfall. Eine "Leistungsschau des einheimischen Filmschaffens" kam lange Zeit nicht zusammen, erst die Diagonale bot seit 1998 in Graz sechs Jahre der Stabilität und des qualitativen wie quantitativen Wachstums. Federführend war die Festivalleitung von Christine Dollhofer und Constantin Wulff. Im März 2003 - die Diagonale bot in Kombination mit Europas Kulturhauptstadt Graz gerade ein besonders reiches Programm - lag immer noch keine Vertragsverlängerung für Dollhofer vor. (Wulff hatte bereits vorher aus privaten Gründen seinen Abschied kundgetan.) Stattdessen gab es vom Staatssekretär für Kunst und Medien Franz Morak eine neue Stellenausschreibung und wenig sinnvolle Forderungen nach einer Ost-Orientierung. Als künstlerischer Leiter der Diagonale setzte man Miroljub Vuckovic ein, der neben Sprachproblemen auch von seinem eigenen Belgrader Festival im Februar (!) gebremst wurde. Morak, Mitglied der ÖVP, ist ausgesprochener Buhmann der Filmszene, obwohl er einst selbst als Schauspieler tätig war (zwei Mal "Derrick" und zuletzt "Katherina die Große"). Er zeigt seine Sympathien durch konsequente Abwesenheit in Graz und soll auch ansonsten die alten Kulturen vorziehen.

Auf der anderen Seite formatierte sich eine breite Unterstützerfront aus Filmemachern. Ihr "Beirat" mit den Regisseuren Ulrich Seidl und Ruth Beckermann verkündete bei Pressekonferenzen am 21. & 22. November in Graz und in Wien, das kommende Festival "werde vom bisherigen Team, das bereit ist, ehrenamtlich zu agieren, gemeinsam mit den Verbänden der RegisseurInnen und der Filmschaffenden getragen". Dollhofer und Wulff übergaben ihr Amt an ein neues Team, einen Intendanten soll es vorerst nicht geben. Mittlerweile müsste eine zwei- bis fünfköpfige Programm-Kommission berufen sein, welche die Filmauswahl betreut. Ausrichter wird das "Forum Österreichischer Film" sein, das auch die letzten Festivals organisierte. Man hofft auf Gelder vom Grazer Gemeinderat (200.000 ¤), von Sponsoren und dem Tourismusverband Graz. Der Produzentenverband verhält sich noch unentschieden. Da vom Team der sogenannten "Morakonale" interne Meinungsverschiedenheiten und ein Rücktritt zu vermelden sind, stehen die Chancen für die bewährte Diagonale in Graz gut. Ein bemerkenswerter Aufstand der Kreativen gegen die Staatsfinanzen.
Günter H. Jekubzik


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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