Locarno 2004 - Special


Festivalberichte von Oliver Schiffers und Günter H. Jekubzik


57. Festival internazionale del Film Locarno 2004
4. - 14. August 2004

Locarno Vorschau

Weiter Blick auf Weltkino in schlankem Programm -
57. Internationales Filmfestival von Locarno

Locarno. Wenn sich die Dunkelheit heute Abend über die Piazza Grande von Locarno senkt, beginnt das 57. Internationale Filmfestival von Locarno (4.-14.8.). Der erste Film wird der bittere Klassiker "Sweet Smell of Success" aus dem Jahre 1957 sein, in dem Burt Lancaster als ein zynischer Kolumnist brilliert. Das düstere Meisterwerk über menschliche Abgründe ist Teil der Retrospektive "Newsfront" rund um Journalismus im Film.

In diesem Jahr ist die Konkurrenzlage zwischen Locarno und Venedig um eine pikante Note reicher: Der ehemalige Locarno-Festivaldirektor, der exzentrische Marco Müller tritt sein neues Amt in Venedig an. Und Irene Bignardi, die auch für Venedig gehandelt wurde, tritt vorher gegen die Star-Schwemme an der Lagune mit einem schlanken Festival des Weltkinos an. Unter anderem werden neue Filme von und mit Patrice Leconte, Nick Cassavetes, Matt Damon und Franka Potente ("The Bourne Supremacy") auf der Piazza zu sehen sein. Aber auch Beiträge aus Japan, Argentinien, Italien, Dänemark. Die 250 Filme des Programms decken nicht nur weite Teile der Weltkarte ab, sich zeigen auch ein breites Spektrum von Filmformen und -formaten.

Einer der Höhepunkte aus deutscher Sicht wird am zweiten Tag die Premiere des neuen Werkes von Oscarpreisträger Volker Schlöndorff "Der neunte Tag" auf der Piazza Grande sein. Siebentausend Zuschauer können dann erneut eine intensive Beschäftigung mit deutscher Geschichte, mit Macht und Widerstand erleben. Es geht um einen Priester, der neun Tage "Urlaub" vom KZ Dachau erhält, nur um in Luxemburg von einem jungen Gestapo-Karrieristen (August Diehl) versucht zu werden, gegen die Römische Kirche aufzutreten. Dass im letzten Jahr das "Wunder von Bern" am gleichen Ort seine Erfolgsgeschichte startete, gilt als gutes Vorzeichen, schafft beim Verleih Progress aber auch Erfolgsdruck.

Insgesamt werden 20 deutsche Filme und internationale Koproduktionen zu sehen sein. Nach dem Berlinale-Triumph von "Gegen die Wand" geht auch im Tessin ein deutsch-türkischer Film an den Start. Die Hamburger Regisseurin Ayse Polat startet mit ihrem zweiten Spielfilm «En Garde» teil.

Obwohl das Programm schlanker daher kommt, hofft das Festival auf einen neuen Rekord von 200.000 Besuchern. Das entscheidet im Tessin allerdings immer die Madonna del Sasso: Die lokale Heilige thront über dem Lago Maggiore und bestimmt angeblich das Wetter. Denn die abendlichen Freiluftvorstellungen für tausende begeisterter Cineasten bilden nicht nur für die Kalkulationen das Herz des Festivals.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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