Kein "Himmel über Berlin"

Zur Eröffnung der 50., der Jubiläums-Berlinale kehrt Wim Wenders mit seinem neuesten Film "The Million Dollar Hotel" heute abend wieder nach Berlin zurück. Doch es ist weder die Stadt von "Der Himmel über Berlin" noch das gleiche Festival und auch nicht der selbe Wenders wie vor 14 Jahren.

"The Million Dollar Hotel" spielt im Los Angeles des Jahres 2001. Der Himmel über L.A. ist blasser als der über Berlin und der amerikanische Wenders ist banaler als der frühere. FBI-Agent Skinner (Mel Gibson), die "personifizierte Steifheit", soll im heruntergekommenen Million Dollar Hotel den Tod des Junkies Izzy ergründen. Izzy hieß eigentlich Israel Goldkiss (Tim Roth) und fiel vom Dach des Hotels oder wurde herunter gestoßen.

Für Skinner, Spitzname "Frankenstein" aufgrund seines versteifenden Rückenkorsetts, sind alle schuldig und auf der Suche nach Wahrheit überschwemmt er das Hotel mit Chaos. Derweil versuchen die Bewohner aus dem wachsenden Medienrummel Profit zu schlagen, in dem sie die Teerkunstwerke Izzys an den Kunsthändler bringen.

Es ist eine schillernde Sammlung schräger Figuren in dieser verwanzten Absteige: Das John Lennon-Imitat Dixie behauptet, es hätte als fünfter Beatle all deren Songs geschrieben. Die verstörte Eloise (Milla Jovovich) meint, sie sei nur eine Fiktion und deshalb könne ihr niemand etwas anhaben. Aber der quirlige, allgegenwärtige "Idiot" Tom Tom (Jeremy Davies) hat sich längst in diese Jungfrau Maria verliebt. Was ihn nicht davon abhält, weiterhin für alle den Clown und den Special Agent-Imitator zu machen.

"The Million Dollar Hotel" ist die 20. Regiearbeit des weltreisenden Rheinländers Wenders. Seine Filme zeichneten sich auch immer durch exzellente Soundtracks aus. Neulich gab er den Jungs einer kubanischen Rentnerband mit dem gegen jede Authentizität imprägnierten "Buena Vista Social Club" noch mal einen Verkaufsschub. "Lisbon Story" war ein wunderbares Video um den verzaubernden Ethnopop der portugiesischen Truppe "Madredeus" und U2 sind eigentlich immer dabei. Jetzt ließ Wenders in einer langen und eifrig kolportierten Entstehungsgeschichte deren Kopf Bono auch an der Story mitkomponieren.

Das Ganze entwickelt sich nie dicht oder zügig, wird nur angespielt, während der Film dann auf einer anderen Ebene weiterläuft. Neugierig streunend lässt er sich auf die Atmosphäre dieses Narrenkäfigs ein, legt - unterstützt von der Musik - ein paar gute Bilder hin. Die Zeit vertreibt sich derweil mit zwei unschuldigen Kindern beim Liebesspiel.Dabei wird`s dann einfach langweilig und läuft im Blues aus. Man sollte einfach nichts mehr von Berlinale-Eröffnungsfilmen erwarten. Denn das Festival hat in diesem Jubiläms-Jahr doch soviel mehr zu bieten: Der neue Standort am erst gerade vollendeten Potsdamer Platz wird mit einer völlig neuen Infrastruktur für viel Aufregung sorgen. Da treten die Filme in den Hintergrund, doch schon morgen wird es heftige Diskussionen um die Kriegssatire "The Three Kings" geben - so wie es sich für ein großes internationales Filmfestival gehört.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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