Berlinale 2003

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 53. internationalenFilmfestspiele in Berlin
6. - 16. Februar 2003

Chicago zu Gast in Berlin

Berlin. Mit dem Auftritt von Richard Gere, dem männlichen Star des
Musicals "Chicago", geriet der Potsdamer Platz schon am ersten Tag in
allgemeine Aufregung. Die Fans belagerten bereits am Nachmittag vor der
Premiere den Zugang zum Festivalzentrum, dort wo die Stars zum Presse-
und Fototermin erwartet wurden.

In Begleitung von Catherine Zeta-Jones und Renée Zellweger konntesich
Festivalchef Dieter Kosslick keinen glamouröseren Start wünschen.Anke
Engelke moderierte die Abendgala zwischen rotzfrech locker und
glamourös. Die ersten Reaktionen zum Film waren gemischt, einmal
Szenenapplaus, aber auch Kritik am Tanz und Gesang der Stars.

Regisseur Rob Marshall, der 2 1/2 Jahre an diesem Film gearbeitet
hatte, äußerte sich trotzdem begeistert von seinen Akteuren: Er 
betont, dass alle ihre Tanzszenen selbst geleistet haben und sagt
scherzhaft, dass sie mit einer Woche weiterer Proben auch auf einer
Broadway-Bühne hätten auftreten können. Das Geheimnis derÜbertragung
eines Musical auf die Leinwand liegt für ihn darin, "die Lieder
übergangslos in die Handlung zu integrieren."

Richard Gere zeigte sich bei der Pressekonferenz gelangweilt von den
üblichen Fragen, bis auch er freundlich in das Spiel einstieg, sich
halbwegs sinnvoll zu Orgasmen bei Preisverleihungen, Toleranz und
möglicher Eifersucht deutscher Ehemänner äußert. ZumBerlinale-Motto
"Towards Tolerance" kann er lange den Bogen nicht schlagen, dann
beglückt der bekennende Buddhist mit einem japanischen Sprichwort:
"Unter einem Kirschbaum gibt es keine Fremden." So kann auch ein nur
unterhaltsamer Film Frieden schaffen!

Der stille Berlinale-Star im Hintergrund ist jedoch John C. Reilly, der
den gehörnten und von allen übersehenen Ehemann spielt und mitdem
Cellophane-Song den bewegendsten Moment des Films hat. Er wird auch in
"The Hours" und Scorseses "Gangs of New York" zu sehen sein, in ganz
unterschiedlichen Rollen.

Aber die Journalistenmeute verwechselte Film mit Realität und wollte
nur von Streitereien auf dem Set wissen. Und dann müsste es doch
eigentlich auch Rivalitäten um die Oscars geben, für die der Film
heißer Favorit ist. Das abschließende und passende Friedensplädoyer
kommt von Renée Zellweger: Weshalb sollte "frau" eifersüchtigund
zänkisch sein, wenn sie mit einer großartigen, bewunderten Kolleginwie
Catherine Zeta-Jones zusammen arbeiten kann? Schöne heile
Schauspielerwelt, dachten da sicher auch die Fotografen, die sich für
ein gutes Foto der Damen fast schlugen ...