Berlinale 2003

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 53. internationalenFilmfestspiele in Berlin
6. - 16. Februar 2003

Berlinale Bären


Berlin. Mit einem großen Finale und der Preisverleihung endeten am
Samstag Abend die 53. Internationalen Filmfestspiele Berlins. Dass
Michael Winterbottoms Flüchtlingsdrama "In This World" den Goldenen
Berliner Bären und zwei Nebenpreise erhielt, lag sicher nicht nur an
der künstlerischen Brillanz, mit der Winterbottom ("Welcome to
Sarajewo") die scheinbar dokumentarisch "abgefilmte" Odyssee zweier
junger Afghanen von Pakistan nach London umsetzte. Der britische
Meister vieler Filmstile machte auch aus dieser scheinbaren
Dokumentation ein packendes Kinoabenteuer, dass die Sicht auf unsere
Welt nachhaltig verändert. Nachdem man die Leiden dieser mörderischen
Flucht erlebte, wird das Wort "Wirtschaftsflüchtling" nicht mehr so
leichtfertig gebraucht. Wie brennend das Thema Migration ist, zeigten
auch die Wettbewerbsbeiträge "Lichter" und "Ersatzteile" sowie der neue
Stephen Frears "Dirty Pretty Things".

Mit dem Silbernen Bären der Jury für "Adaptation" von Spike Jonzewurde
auf die Spitze getriebene, selbstreflexive (Film-) Kunst gewürdigt.Die
inneren Kämpfe des gleichsam realen und fiktiven Autoren Charlie
Kaufman bei der Umsetzung eines unverfilmbaren Buches standen als pure
Selbstbespiegelung eines kreativen Prozesses eher einsam zwischen mehr
welt-relevanten Motiven.

Für den dominanten Komplex Krankheit und Tod steht unter den
Siegerfilmen Patrice Chéreaus "Son Frère" (Sein Bruder). Diesehr
intime Auseinandersetzung zweier Brüder miteinander und mit der
unerklärlichen Krankheit eines der beiden erhielt den Silbernen Bären
für die beste Regie. Der deutsch-sprechende Franzose Chéreauwird
Berlin nachhaltig in Erinnerung behalten: Mit "Intimacy" gewann er vor
zwei Jahren den Goldenen Bären, 2003 starb hier kurz vor der
Präsentation seines Films sein Produzent und Freund Daniel Toscan du
Plantier an Herzversagen.

Erwartungsgemäß ging der Silberne Bär für die BesteDarstellerin an das
Trio aus "The Hours" Meryl Streep, Nicole Kidman und Julianne Moore.
Während der von Anke Engelke in drei Sprachen souverän und locker
präsentieren Preisvergabe waren die drei Stars schon nicht mehr in
Berlin. Sam Rockwell, der für seine Rolle als TV-Host und CIA-Killerin
"Confessions of a dangerous mind" zum Besten Darsteller gekürt wurde,
brachte dafür voller Dankbarkeit George Clooney - seinen Regisseur und
Auftraggeber im Film - auf die Bühne. Zur hellen Freude der weiblichen
Fans und der ungehobelten Fotografen.

Von den deutschen Filmen wurde "Good Bye, Lenin" (seit Donnerstag in
den Kinos) mit dem "Blauen Engel" für den besten europäischen Film
ausgezeichnet.

Es war ein großer Schlusstag einer rundum gelungenen Berlinale: Die
positive Stimmung der 500.000 Friedensdemonstranten überall in der
Stadt passte hervorragend zu einem offenen Filmfestival unter dem Motto
"Towards Tolerance". Festivalleiter Dieter Kosslick brachte einen
Wettbewerb auf hohem Niveau zusammen, mit Preisträgern, die durchweg
positiv aufgenommen wurden. 450.000 Kinobesuche an elf Tagen nahmen
Stellung für Filme, die sich vielen Problemen und schillernden Facetten
dieser Erde öffneten, die das Medium Film künstlerisch weiter
entwickelten und die dabei auch gut unterhalten konnten.