Führer Ex

BRD 2002 Regie: Winfried Bonengel Buch: Winfried Bonengel, Ingo Hasselbach Mit: Christian Blümel, Aaron Hildebrandt, Jule Flierl, Luci van Org 107 Min. FSK: 12

Ein punkiges "Auferstanden aus Ruinen" lässt anklingen, wo es hin geht: Zwei Jungs, Heiko und Tommy, toben sich 1986 in der DDR aus - so weit es geht. Sie pissen auf "Neues Deutschland" am Zeitschriftenstand, richten sich für ein paar Tage Urlaub übel zu. Dann brennt im Übermut die Fahne der DDR, Tommy landet im Knast und kehrt verändert zurück. Unter dem neuen SS-Tattoo verhält er sich extrem aggressiv, doch die Freundschaft hält, obwohl Tom mit Heikos Freundin schläft.
Als beide wegen Republikflucht ins Gefängnis kommen, wird der unverschämte Tom angesichts Vergewaltigung und Terror durch Gefangenencliquen schnell zum Gewalttäter, der stille Heiko in Einzelhaft fast wahnsinnig. Diese "Sozialisation", die nicht DDR-spezifisches ist, wirft zwei überraschende Typen ins wiedervereinigte Deutschland: Im schwachen Heiko ging die Saat des Faschismus richtig auf, er wird radikaler ausländerfeindlich als es Tom je war, während dieser locker bleibt, lieber kifft als prügelt. Die Freunde finden trotzdem wieder zusammen - in der extrem explosiven Umgebung einer Neonazi-Bande ...

Was Regisseur und Koautor Winfried Bonengel aussagen will, ist klar: Der antifaschistische Staat DDR hat sich seine Faschisten selbst heran gezogen und all die Gewalttaten der Neonazis haben ihre Gründe. Dass Bonengel nach der Dokumentation "Beruf Neonazi" erneut mit Hilfe eines "Insiders" die Szene detailliert nachspielt, bleibt zwiespältig: Über einzelne Details der exemplarischen Biographien von Heiko und Tom wird ebenso diskutiert wie über das grundsätzliche Verfahren.

Filmisch gelingen zu selten Momente, nur einige große Szenen von Frust und Freiheit spielen sich auf der abgehobenen Dachterrasse ab, dem Knotenpunkt der Geschichte. Die Musik wirkt wie einige Aussagen zu auffällig, gewaltsam sind Szene und Knastleben unausweichlich. Handwerklich hapert es immer wieder bei Kostümen, Licht, Sprache, Mimik. Zu oft kommt etwas albern oder unglaubwürdig rüber. Doch die beiden Typen im Kern bleiben erkennbar und allgemeingültig als Modelle für Opportunisten, schwache und raffinierte Mitläufer.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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