Felicia, mein Engel

GB/Kan. 1999 (Felicia's Journey) Regie und Buch Atom Egoyan, 116 Min.

Der freundliche Serienmörder

Wie zuletzt auch Steven Soderberghs englisch-amerikanische Krimihommage "The Limey" ist diese Geschichte eines jungen, schwangeren Mädchens aus Irland, das in die Fänge eines Serienmörders gerät, ein exzellentes Spiel mit Filmzitaten. Joey Hilditch (Bob Hoskins) erinnert als Erwachsener und als von der kochenden Mutter vollgestopfter Junge immer wieder an Hitchcock. Einzelne Szenen wie ein Glas mit vergifteter Milch -beziehungsweise hier Kakao - und ganze Handlungsstränge verweisen auf die Krimis des Thriller-Regisseurs. Emotional erschüttert Egoyan hingegen nicht so wie zuletzt in "Das süße Jenseits" oder in "Exotica". Bob Hoskins glänzt als Hilditch sowohl in den komischen wie in den tragischen Teilen.

Es beginnt komisch: Die Küchenpraktiken des freundlichen, älteren Herrn Hilditch schwanken von schrullig bis absurd. Er kann ja allabendlich die Video-Rezepte seiner verstorbenen Mutter nachkochen und dann den Nahrungs-Unmengen alleine gegenüber sitzen. Dass im dunklen Hinterzimmer die Allzweck-Küchenmaschinen mit dem Porträt seiner Mutter wie Leichen aufgestapelt sind, verweist allerdings schon auf den Serienmörder. Als dann die junge, hilflose Felicia aus Irland nach Birmingham hinein stolpert, ihren Freund und Schwängerer suchend, bekommt man Angst: Hier passen Täter und Opfer auf grausame Weise zusammen. Doch Egoyan gelingt das Kunststück, das Monster als Mensch darzustellen, eine atemberaubende Symbiose glaubhaft und packend darzustellen. Der Mörder pflegt sein Opfer, das Mädchen bedient sich seiner.  Diesen psychologischen Kern durchwebt ein dichtes Leben mit skurrilen Ideen, ergreifenden Momenten, raffinierten Filmzitaten und eigenwilliger Ästhetik.

Wen es interessiert: Egoyan wirkt in seinen filmischen wie persönlichen Äußerungen angekommen. Die Heimatlosigkeit, das Suchen und Sehnen aus alten Filmen ("Family Viewing", "Speaking Parts", Next of Kin") ziehen sich auf bestimmte Momente zurück, durchschweben nicht mehr den ganzen Film.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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