ghj-logo

Erbarmungslos

USA 1992 (Unforgiven) Regie: Clint Eastwood, 130 Min.

Die ersten Bilder deuten eine Abenddämmerung des Westerns an. Jedoch folgen sehr harte "Schnitte", die wieder nach einem Rächer alter Schule schreien, der für sein Gerechtigkeitsgefühl erbarmungslos einschreitet, wenn ein Sheriff (Gene Hackman) sich mit sieben Pferden für das zerschnittene Gesicht einer Hure zufrieden gibt. Clint Eastwood, den Mann, dem diese Rächer-Rolle in die Filmographie geschrieben ist, finden wir allerdings zwischen kranken Schweinen im Schlamm liegend. Durch eine inzwischen verstorbene Frau bekehrt, hängte der ehemals gefürchtete, kaltblütige Killer William Munny vor Jahren die Waffe an den Nagel und trank keinen Schluck mehr. Als der Lockruf des Goldes nun zu ihm gelangt und sich der abgehalfterte Killer widerwillig zur Menschenjagd aufmacht, kann er kaum noch zielen und kommt nicht mal aufs Pferd. Mit seinem schwarzen Freund Ned Logan (Morgan Freeman) teilt Munny auf dem langen Ritt durch herbstliche Landschaften die Skepsis über einen Job, der 1000 Dollar bringen soll. Nur der einzig junge Kopfgeldjäger in der Horde, die in das kleine Städtchen Big Whiskey einfällt, ist freudig begeistert - aber auch ansonsten extrem kurzsichtig. Clint Eastwood, der Mann, der Westerngeschichte (mit-) gemacht hat, der nach der Serie "Rawhide" mit langem Mantel Symbolfigur des Italowesterns von Sergio Leone wurde und der seit 1969 seine eigene Malpaso-Filmproduktion betreibt, schafte in seinem 36.Film und seiner 16.Regie das Kunststück, einen spannenden, gradlinigen Western zu inszenieren und dessen Helden gleichzeitig gebrochen zu reflektieren.

Der Killer English Bob (Richard Harris!) bringt seinen persönlichen Biographen Beauchamp mit: Die Legenden sind schon geschrieben und in Groschenromanen vermarktet. Doch Sheriff Little Bill Daggett erniedrigt nicht nur den Gegner Bob und macht aus dessen glorreichen Kämpfen dreckige Stümpereien eifersüchtiger Säufer. Er führt auch dem ängstlichen Schreiberling vor, wie schwer es ist, zu töten. Trotzdem übernimmt Bill Daggett den Biographen für seinen eigenen Nachruhm.

Völlig glanzlos dagegen der Weg Munnys. Trotz einiger Rückschläge verfolgt er seine Ziele, doch mit jeder Tat wird sein Ekel dem Morden gegenüber verständlicher. Ein Junge verreckt minutenlang, der andere wird - welch Heldentat - auf dem Scheißhaus erwischt. Eine deutliche Haltung, die jeden Kritiker Eastwoods zu seinem Anhänger machen müssen - bis zum großen Schnitt. Bis Munny zur Flasche greift und ein hemmungsloses Finale hinlegt, daß alle verstummen läßt. Wie in "Player" wird ein Mythos durchlöchert, nur um ihn am Ende in seiner schönsten Form noch einmal vorzuführen. Seinem Entdecker Sergio (Leone) und seinem Lehrer Don (Siegel) hat Eastwood diesen grandiosen Film gewidmet - sie können stolz auf ihn sein.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo