Egoshooter Interview

Mit subjektiver Kamera zum Erfolg: Oliver Schwabe zu "Egoshooter"

Von Günter H. Jekubzik

Aachen. Mit seinem international beachteten Film "Egoshooter" kehrt der Ko-Regisseur Oliver Schwabe am Samstag persönlich zurück nach Aachen (Apollo 18 Uhr), wo ihn während der KKG-Schulzeit die Musikszene über die Fotografie zum Film brachte.

Das Projekt "Egoshooter" hat seinen Ursprung in "Videotagebüchern" für den NDR, bei denen Oliver Schwabe Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 22 über ein Jahr eine Kamera gegeben hat, damit sie ihr Leben filmen. Aus dem Rohmaterial schnitt er 45-minütige, unkommentierte Dokumentationen. Die Produktion Reverse Angle Factory - unterstützt von Wim Wenders - lud Schwabe ein, für die Reihe "radikal digital" ein fiktives Videotagebuch zu inszenieren. So entstand als Gemeinschaftsarbeit von Oliver Schwabe und Christian Becker "Egoshooter", das ungewöhnliche Porträt von Jakob (Tom Schilling).

Der 19-jährige Jakob filmt sich und seine Umgebung. Die WG, die er mit dem älteren Bruder und dessen schwangerer Freundin Caro bildet. Die Freunde, die Besäufnisse, eine vandalisierte Wohnung, eine einsame Mutter eines Freundes, der Rapper, die sehnsuchtsvollen Blicke für die distanzierte Mani. Straßenszenen in Köln, in der U-Bahn, Spazieren und Fummeln am Rhein, Skaten im WG-Zimmer - so richtig ergibt sich keine Persönlichkeit aus den Puzzleteilen ...

"Dabei ist es manchmal schwierig, die dramaturgische Kurve zu kriegen", erzählte Oliver Schwabe im Interview zu dem ursprünglichen Projekt, "weil viel Wichtiges einfach ungefilmt bleibt. Mein Hauptinteresse hierbei ist es, auf einem direkten Weg das Portrait einer Person zeichnen zu können. Eine unmittelbarere Möglichkeit, als dass die Protagonisten selber filmen, gibt es wohl nicht." Der junge Regisseur sieht die Videotagebücher als "5-jährige Recherche zum Film." So spielen sich einige von ihnen, darunter der Rapper Max Timm und der Skater Ben Nijmeijer, im Film selbst.

Es ist die unmittelbare Authentizität der Lebensumstände, der "Szene", die "Egoshooter" auszeichnet. Und Oliver Schwabe war schon während seiner Schulzeit in Aachen intensiv mit "Feldstudien" beschäftigt. Anfang der Achtziger ging er auf's Heilig-Geist Gymnasium in Würselen und später ans Kaiser Karls Gymnasium, erlebte die "Punk- und Wave-Blüte im Dreiländereck", tauchte in die Subkultur ab, ist "mehr auf Konzerten, als im Kino unterwegs gewesen". Schon damals hatte er seinen Fotoapparat dabei und hat Konzertfotos gemacht. Auch ein erstes Musikvideo entstand für "Tin Drum". Nach dem Abi ging es nach Köln zur Fotografen-Ausbildung, bevor er 1994 an der Kunsthochschule für Medien Köln ein Studium begann. Dort bat ihn der Exil-Aachener Jan Krüger die Kamera beim Kurzfilm "Freunde" zu machen, der in Venedig einen Silbernen Löwen als Bester Kurzfilm gewann. Mittlerweile ist Schwabes eigener Film "Egoshooter" auf den Internationalen Festivals unterwegs.

Wieder mit seinem Ko-Regisseur Christian Becker arbeitet Schwabe bereits am Buch für ihr nächstes Projekt: "Diesmal sind wir an einer gradlinigen Story interessiert, aber auch diesmal betreiben wir 'Feldstudien' und erzählen von den Überlebensstrategien eines aus dem System gefallenen Pärchens."


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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