Dogville

Dänemark/Schweden/BRD 2003 Regie Lars von Trier mit Nicole Kidman, Harriet Andersson, Lauren Bacall 178 Min. FSK ab 12

Der Skandal von Cannes ist schon ein halbes Jahr her: "Dogville" wurde jegliche Auszeichnung verweigert, doch immer noch ist das Meisterwerk die spannendste Produktion des Jahres. Mit oder ohne Palme kann Lars von in einem kargen Setting um Nicole Kidman heftigste Gefühle erzeugen.

"Dogville" spielt auf einer riesigen schwarzen Bühne, die Häuser des gleichnamigen Dörfchens sind mit Kreide auf den Boden gemalt, was Sinn macht, denn in dieser gefährlichen Gemeinschaft haben die Wände, die nicht da sind, Augen und Ohren. In der tiefsten Depression der 30er-Jahre flieht die junge Grace (Nicole Kidman) vor Gangstern in diesen vergessenen Winkel der Rocky Mountains. Die Einwohner beraten und nehmen sie gerne auf. Grace will sich mit kleinen Hilfsleistungen erkenntlich zeigen, aber eigentlich braucht keiner Hilfe. Als ein Steckbrief mit ihrem Gesicht auftaucht, werden ihre Arbeitsschichten allerdings verdoppelt, alle ge- und missbrauchen sie ohne Skrupel, vom alten Mann bis zum frechen Bengel. Die protestantische Warenmoral zeigt ihre hässlichste Fratze. Doch die reine Grace erleidet ihr Martyrium still, wehrt sich nicht. Bis jemand die Gangster anruft ...

Von Trier reduziert die dramatischen Mittel aufs Wesentliche, keine Kulissen, kein Himmel, eine unruhige Handkamera. Das macht die drei Stunden Laufzeit nicht einfach, aber diese Inszenierung mit einer Nicole Kidman, die wieder überrascht, ist stärker als alles, was dieses Jahr zu sehen war.

Der dänische Regisseur mit den vielen Ängsten schafft es wieder besonders gut, eine Frau zu quälen - die Inspiration zu einer weiteren Leidensgeschichte erhielt der geniale Filmemacher vom Brecht-Lied der Seeräuber Jenny. Aber im Gegensatz zu Bess, Karen und Selma aus seiner letzten Trilogie darf Grace am Ende eine gottgleiche Genugtuung erfahren. Bevor der erste Schuss fällt, lässt der gläubige Trier Vergebung und die Arroganz der Gnade (engl: Grace) diskutieren ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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