Dear Wendy

Dänemark, Frankreich, BRD, Großbritannien 2005 (Dear Wendy) Regie: Thomas Vinterberg Buch: Lars von Trier mit Jamie Bell, Bill Pullman, Michael Angarano, Danso Gordon, Novella Nelson, Chris Owen 105 Min. FSK ab 18

Im neuesten Volltreffer des langjähriges Autorenteams aus Lars von Trier ("Breaking the Waves", "Dancer in the Dark") und Thomas Vinterberg ("Das Fest") nehmen die Dänen den mörderischen Waffenwahn der Amerikaner raffiniert und doppelbödig aufs Korn. Der Waffenwahn eines selbsternannten Pazifistenzirkels nimmt in "Dear Wendy" extrem absurde Züge an.

Dick (Jamie Bell) ist einer dieser stillen, jungen Leute, mit denen es im Film öfters böse endet. Dicks Briefe an die geliebte Wendy erzählen, wie es dazu kommt. Unsicher arbeitet der amerikanische Junge versteckt hinter den Regalen eines Lebensmittelladens. Bis er eher zufällig für einen Bekannten, den er nicht besonders mag, eine vermeintliche Spielzeugwaffe kauft. Sein Arbeitskollege klärt ihn jedoch auf und zusammen mit anderen Außenseitern gründen sie einen Klub von Pazifisten, die alle eine Waffe tragen.

Mit den Waffen, die sie nie benutzten wollen, in den Hosen, kommt Begeisterung auf. Sie geben ihnen Selbstbewusstsein, bei der schüchternen Susan wachsen sogar die Brüste, die sie immer zu klein fand. Die "Dandys" heiraten ihre Waffe in ihrem "Tempel", einem verlassenen Kohleschacht. Sie veranstalten Prozessionen in historischen Kostümen wie eine britische Straßenräubergang, nennen in einer anderen Perversion der Begriffe das "erschießen" zu "lieben" um.

Als der ihm schon immer unsympathische Christopher, der wegen eines Mordes mit Schusswaffen verurteilt wurde, sich Dick in zum Laien-Bewährungshelfer macht, nimmt man auch den, der sich vor Waffen fernhalten soll, in den Club auf. Jetzt kommt es zu einem Eifersuchtsdrama wegen einer Waffe, doch das tragische Finale wird von einem völlig absurden Moment ausgelöst.

Vinterberg und von Trier inszenierten ihre faszinierend seltsame Fabel in einer reduzierten Kulissenstadt, die Nähe zu von Triers Bühneninszenierungen "Dogville" und "Manderley" ist unübersehbar. Überzeugend von einem jungen Ensemble gespielt, wirkt das Falsche waffenliebender Pazifisten trotzdem wie selbstverständlich. Eine kühle Emotionalität beherrscht das Finale, bei dem die Waffen die Regie übernehmen. Gerade durch Paraphrasen wie ein hymnisches "Glory, Glory, Halleluja" wird ein Gegenpol zu zynischen Feuerwerken gesetzt, wie sie beispielsweise Tarantino mit seinen geliebten Waffen veranstaltet. Dass gerade dieser künstlerische und kritische Film erst ab 18 freigegeben ist, während Schlachtplatten wie "Herr der Ringe" als kindertauglich gelten, macht die Beschränktheit der Institution Filmfreigabe erschreckend deutlich.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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