Dead Man Walking
USA 1995, Regie + Buch Tim Robbins, 122 Min.
Es ist schon schwer genug, zu entscheiden, ob jemand schuldig ist. Ihm dann auch noch das Leben zu nehmen, übersteigt menschliches (Entscheidungs-) Vermögen. Trotzdem befleißigen sich viele Länder und Staaten, der Perversion Todesstrafe durch technische Spielereien ein humanes Mäntelchen überzuziehen. Aus den USA, wo in mehreren Staaten Hunderte auf die Exekution warten, kommt der Film ãDead Man Walking". Der zynische Ausdruck ist der historische Satz des Zellenwärters beim Abführen des Häftlings zur Exekution: ãHier geht ein Toter".
ãJemand brauchte ihre Hilfe", antwortet die Schwester Helen Prejean auf die Frage, weshalb sie den zu Tode verurteilten Mörder Matthew Poncelet in dessen letzten Tagen begleite. Eigentlich sollte sie nur helfen, einen Antrag auszufüllen, doch trotz des äußerst unsympathischen, flegelhaften und sexistischen Verhaltens des Häftlings kommt sie wieder. Helen bleibt bei ihm bis zur letzten Minute, in vielen Gesprächen verschwindet die Wand zwischen beiden, Matthew öffnet sich.
Dem Zuschauer wird hier kein billiges Pamphlet gegen die Todesstrafe in den Kopf gelegt. Zu nahe liegt bei Matthews Naziparolen der Gedanke, er hätte es verdient. Auch die verzweifelten Eltern von vergewaltigten und erschossenen Opfern sind zu verstehen - die brutale Tat wird immer wieder zwischen andere Szenen montiert. Dadurch daß der Film so weit geht, gelangt er in die Tiefe des moralischen Problems. Und in die Sphären einer sehr religiösen Liebe.
Der Film von Tim Robbins mit seiner Lebenspartnerin Susan Sarandon in der Hauptrolle basiert auf einem Buch der realen Schwester Helen Prejean. Ein mutiges Werk in einem reaktionären Land. Vor allem aber ein ungeheuer bewegender Film. Die hier gefühlten menschlichen Extreme wirken nachhaltiger als jede emotionale Achterbahnfahrt.
Eine Kritik von Günter H. Jekubzik
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