Chihiros Reise ins Zauberland

Sen To Chihiro No Kamikakushi / Spirited Away
Japan 2001
Regie: Hayao Miyazaki
Länge: 125 Min.
Verleih: Universal (Constantin)
Kinostart: 19.6.2003

http://disney.go.com/disneyvideos/animatedfilms/miyazaki/index2.html

Eine überaus fantastische und ideenreiche Animation von Japans Altmeister Miyazaki kommt nach ihrem sensationellen Welterfolg auch nach Deutschland. Das mutige Mädchen Chihiro muss sich in einem Badehaus für Götter und Geister bewähren.
________

Auch wenn die Angst vor der großen Wirtschaftmacht Japan längst vergessen ist, mit ihrer Unterhaltung und ihrer Elektronikindustrie setzt sie noch immer Maßstäbe für die Zukunft. Nun werden auch bei uns die japanischen Zeichentrickfilme erwachsen. Denn die Animationsfilme, die sich dort schon längst aus der Kinderstube befreit haben, sind ein wichtiger Bestandteil der Fantasiemaschine Japan.

Jetzt kommt endlich "Chihiros Reise ins Zauberland" in deutsche Kinos, in Japan bislang der erfolgreichste Film aller Zeiten, noch vor seinem Vorgänger "Prinzessin Mononoke". Er war der erste nicht-amerikanischer Film, der 200 Mio. Dollar weltweit einspielte - noch vor seinem Start in den USA. Und wir reden hier nicht vom erfolgreichsten Zeichentrick, die beiden, bei uns fälschlich als Kinderfilme eingestuften Werke sind auch beliebter als Titanic & Co.

Die Geschichte beginnt einfach: Das zehnjährige Mädchen Chihiro zieht mit ihren Eltern in eine andere Stadt. Ein falscher Abzweig führt sie zu verlassenen Häuschen. Aus dem vermeintlichen Freizeitpark dahinter wird jedoch in der Dämmerung eine Geisterstadt, die Eltern werden in Schweine verwandelt und ein fantastisches Reich eröffnet sich dem verängstigten Mädchen: Eine wilde Mischung aus riesigen "Pokemons" auf Acid, Alice im Wunderland und Lara Croft. In einem Badehaus für 8000 Götter muss sich die spontane, direkte Chihiro als einziger Mensch unter Geistern und Magiern bewähren. Sie droht ihren Namen zu verlieren und muss für die Hexe Yubaba arbeiten, um ihn zu behalten. Als Freund hilft ihr Haku, doch er bleibt mysteriös, verwandelt sich in einen schillernden fliegenden Drachen. Eine Vielzahl von Figuren und Ereignissen überschwemmen die Aufmerksamkeit Chihiros. Niedlich, witzig und fantastisch verläuft dieses Adventure mit viel Seele und Verstand. Eine Entdeckung - auf jeden Fall für den Westen.

Der Regisseur von "Chihiros Reise ins Zauberland", der über sechzigjährige Hayao Miyazaki, wollte - frustriert von der Welt - nach dem Erfolg von "Prinzessin Mononoke" keine weiteren Filme mehr machen. Er hat es sich überlegt und übertraf mit "Sen to Chihiro ..." sogar den Erfolg des Vorgängers. Miyazaki ist selbst fast eine mythische Figur der Animationswelt: Sein Studio Ghibli diente John Lasseter als Modell für den Aufbau von Pixar, Sein bekanntester Film "My Neighbor Totoro" war lange Zeit Lieblingsfilm der Kinder von Disney-Boss Michael Eisner - in der japanischen Version ohne Untertitel! Schon 1968 war Miyazaki an einem epochalen Werk ("The Great Adventures of Horus, Prince of the Sun") beteiligt, dass den Zeichentrick aus den Fesseln des Kindergenres befreite. Der Altmeister hat immer wieder ökologische Themen ganz ernsthaft aufgenommen, so dass der extrem stinkige Geist des Flusses in "Chihiro" nicht der einzige Hinweis auf die Verfassung unserer (Um-) Welt ist. Miyazaki will, dass seine Filme die richtigen Fragen stellen und "wenigstens ein paar Antworten geben". Das Ganze verläuft aber ebenso Gewalt- wie Didaktik-frei: Aus der Fülle fantastischer wie atemberaubender Wesen und Welten erschließt sich erst rückblickend, dass der Wert der Worte und der Sprache Chihiro vor der Vergessenheit retten. Ein Plädoyer für Kommunikation.

Für den deutschen Markt muss man sich bei dieser späten "Entdeckung" die Frage der Eignung für Kinder oder Erwachsene stellen. "Chihiros Reise ins Zauberland" wird beide begeistern. Vielleicht haben es die Kids dank ihrer Erfahrung mit Pokemon und Co. sogar einfacher, sich in dieser Welt aus fantastischen Figuren zurecht zu finden. Ihr Erfahrungshorizont ist weiter als der derjenigen, die nur die eingeschränkte Sozialisation Disneys erfahren haben und sich allein an den auch hier vorhandenen "Sidekicks", den lustigen Begleitfiguren der Heldin, orientieren können.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo