Die Brady Familie
Erstaufführung (The Brady Bunch) USA 1995, Regie: Betty Thomas, 89 Min.
Eine Plastikwelt, in der selbst die Farben rein und klar sind, beherbergt die immer freundlich - oder dümmlich - grinsende Brady Familie. Wir sehen die Süßlichkeit in Person - und das gleich neunfach, denn die guten Mike und Carol sind mit sechs Kindern und einer Haushälterin gesegnet. Die Hosen mit Riesenschlag machen klar: wir sind in den Siebzigern. Und auch die verbreiteten Weisheiten - von der Art "Zuhause ist wo man zuhause ist" - machen klar, wie einfach das Leben einmal war: "Die Brady Familie" stammt aus einer Fernsehserie, die von 1969 bis 1974 in den USA lief und bei uns als "Drei Jungen und drei Mädchen" nachgeholt wurde.Draußen vor dem Gartentor toben allerdings die realen Neunziger mit Drogen, Autodiebstahl und jungen Leuten, die zu lauter Musik ihre langen Haare schütteln. Diese Begegnung zweier Welten ist die Grundidee des Films, der eine sehr gute Imitation und gleichzeitig eine gemeine Parodie der TV-Serie bietet. (Regisseurin Betty Thomas spielte in "Hill Street Blues" übrigens den rauhen Sergeant Lucilles Bates.) Da kann sich auch jemand amüsieren, an dem diese Sternstunde der Fernsehkultur vorüberging. Denn wenn Mr. Ditmeyer in einer aufgebrachten Anti-Brady-Versammlung behauptet, diese verrückte Familie hätte keine einzige Toilette im Haus, versteht man erst, wie klinisch rein diese Serie war.Mr. Ditmeyer (mit der Übersetzung "Onkel" Ditmeyer landete die deutsche Synchro einen Volltreffer!) will als wohltuend miesgelaunter Nachbar an das Grundstück der verschuldeten Bradys, die ihrerseits ganz schnell 20.000 Dollar auftreiben müssen. Diese dünne Handlung überläßt einen allerdings zu sehr den sich wiederholenden Parodie-Scherzen. Daß die frühen Siebziger auch die Zeit von Watergate und Vietnam waren, verschweigt der Film voll im Trend einer Seventies-Nostalgie.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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