Bowling for Columbine

USA/Kanada/BRD 2002 (Bowling for Columbine) Regie: Michael Moore Mit: Michael Moore, George W. Bush, Charlton Heston, Marilyn Manson, Matt Stone. 123 Min.

Nicht Waffen töten - die Angst tut es!

Nicht nur das politische Amerika kuscht ängstlich vor Bushs Nationalismus, auch die oft als "links" verschriene Filmwelt kann sich - mit Ausnahme von Warren Beatty - nicht zu Widerspruch gegen die Kriegspläne durchringen. Die große Ausnahme ist der für heutige Zeiten ungewöhnlich engagierte Filmemacher Michael Moore. Er nimmt nach Massenentlassungen ("Michael & Me") und miserablen amerikanischen Arbeitsbedingungen ("The Big One") nun mit "Bowling for Columbine" den Waffenwahn der Amerikaner ins humoristische Visier. Mit unerwarteten Erkenntnissen auch für Deutschland.

Die USA haben nicht nur eine lange Erfahrung mit Amokläufen, sie sind auch Weltmeister im Erschießen von Privatleuten mit privaten Waffen. Während ein mittelmäßiges europäisches Land es nur auf circa 300 Tote durch Pistolen und Gewehre bringt, Kanada sich mit lächerlichen 65 Opfern begnügen muss, schaffen die USA jährlich über 11.000 Tote im Alter von 6-66! Das ist selbst auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet immer noch zehn mal mehr als die abgeschlagene zweite Nation aufzuweisen hat.

Michael Moore, der aus Flint in Michigan, dem Heimatort einiger berühmter Attentäter stammt, zieht mit seiner Kamera los, besucht Waffenfanatiker, rechte Anarchisten (die gibt es dort tatsächlich) und legt mit seinem spitzen Humor eine ungewöhnliche Argumentationskette hin. Ein Besuch in Kanada, deren naturnahe Bevölkerung vielleicht sogar noch mehr Waffen hat als die Nachbarn im Süden, bringt die Entdeckung: Hier schließen die Menschen ihre Haustür nicht ab, hier werden Konflikte durch Kompromisse gelöst, nicht durch Pistolenduelle! Es ist die Jahrhunderte alte, von den Medien angeheizte Paranoia der Bedrohung, die Amerika in all die kleinen und weltweiten Duelle treibt. Ein Trickfilm im Southpark-Stil bebildert die Historie dieser unnötigen Panik sehr witzig.

Moores zeitweise umwerfend komischer Film lebt von den originellen Funden, die er genüsslich auskostet: Da gibt es eine Bank, die ein Gewehr als Werbegeschenk bei der Eröffnung eines Kontos ausgibt. Moore nimmt den Schießprügel nach Erhalt in Anschlag und fragt die Kassierer, ob ihnen die Kombination von Waffen und Bank nicht seltsam vorkommt! Und dann die Langstreckenraketen mit enormen Vernichtungspotential von Lockheed, die nächtens durch Littletown rollen und nach Moores Interpretation sehr Amoklauf-förderlich sind.

Kurz: Was uns Medien und Politik als auflagenstarke Gefahr vorgaukeln, ist Panikmache mit wenig Bezug zu unserem wirklichen Leben. Weil die medial überzogene Bedrohungsszenarien von Kindesmisshandlung, Geiselnahme oder Terror auch in der Bundesrepublik immer mehr um sich greifen hilft "Bowling for Columbine", die Welt klarer zu sehen. Auch wenn Moore seine Ideen nicht mehr so humorvoll pointiert mit dem Mittel der Kontrastmontage präsentiert wie früher, bleibt er doch bemerkenswert. So schafft es der tapfere Filmer mit seinem fast naivem Engagement tatsächlich, zusammen mit den Opfern eines Massakers, den Verkauf von Munition in der Supermarktkette K-Mart zu stoppen!


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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