An Deiner Schulter

USA 2004 (The Upside of Anger) Regie: Mike Binder mit Joan Allen, Kevin Costner, Erika Christensen 117 Min. FSK ab 12

Kevin Costner hat zwar wieder eine besonders sympathische Rolle als entspannter Liebhaber, doch in diesem wunderschön stillen Meisterwerk dreht sich alles um Joan Allen als biestige, verlassene Mutter und ihre Töchterschar. Obwohl, die Hauptrolle hat das Leben, von Regisseur und Autor Mike Binder sensibel und wahrhaftig eingefangen.

"Euer Vater ist weg!" Mit einem Drink in der Hand verkündet Terry (Joan Allen) beim Abendessen ihren vier mehr oder weniger erwachsenen Töchtern die unfassbare Unverschämtheit dieses Mannes. Wahrscheinlich ist er mit seiner schwedischen Sekretärin durchgebrannt. Es gibt noch ein paar Verwünschungen und auch bittere Scherze, doch keine Heultiraden mit Weichmachermusik. Er ist weg, wir machen weiter. Terry hält sich trotzig aufrecht - so lange sie den Alkohollevel halten kann. So sieht man sie nie ohne Drink in der Hand. Ganz selbstverständlich und passend gesellt sich irgendwann Nachbar Denny zu ihr. Nebenbei bestreitet er eine Radiosendung und lebt von seinem Rest-Ruhm als ehemaliger Baseball-Spieler. Auch dieses Mittelalter ist immer mit einer Dose Bier unterwegs, kam wegen eines Grundstückgeschäfts vorbei und blieb. Zuerst auf der Couch, dann - nach etwas Zaudern auf beiden nicht mehr ganz jungen Seiten - als Hausfreund, als Saufkumpel, als Charmeur auch im Bett.

Das hätte eine furchtbare Schmonzette werden können, es gibt die Probleme der Töchter, es gibt eine böse Krankheit, Tod, Trennung ... Doch bei Regisseur Mike Binder sieht das nie nach Filmklischee aus. Ganz organisch lebt und entwickelt sich die Geschichte. Vor allem durch Costners Charakter Denny kommt eine sympathische Leichtigkeit ins Leben. Er entspannt das Drama mit einem Lächeln und Humor, oft klärt auch ein simpler Satz das weibliche Gefühls-Chaos. Wie der Originaltitel "The Upside of Anger" verrät, macht sich die jüngste von Terrys Töchter Gedanken, was Wut und Hass aus Menschen macht. Kann etwas Gutes dabei herauskommen?

Mike Binder, der im Film selbst als Freund und Radio-Produzent von Denny zu sehen ist, entwickelte den Stoff mit und für den Star Joan Allen ("Pleasantville", "Rufmord"). Die in ihrem Rollen immer besonders präsente Darstellerin gibt ein Biest mit Stil und dem Regisseur gelingt es, so subtil zu erzählen, dass einen kein großes Drama überfährt und man sich überrumpelt fühlt. Kevin Costner bleibt als Denny angenehm am Rande, wie er es in seinem Filmen immer schafft, Platz für die Leistungen anderer zu lassen.

So bemerkt man erst gegen Ende, dass man eine atemberaubend grandiose Tragödie mit freundlichem Humor erlebt. Und mit einem Schlussgedanken, der die Erde still sinnieren lässt. Denn da ist auch noch die finale Wendung, die den ganzen Film auf den Kopf stellt. Sie lässt alles noch mal überdenken, zeigt Terry mit anderen Augen ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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