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Amistad

USA 1997 (Amistad) Regie Steven Spielberg, 155 Min.

Von Günter H. Jekubzik

Spielberg galt lange als Zauberer der großen Kinounterhaltung. Erst nach "Schindlers Liste" trat sein Engagement für Verfolgte und Unterdrückte hervor, unter diesem Blickwinkel machte auch "Die Farbe Lila" als Leidensgeschichte schwarzer Amerikaner einen neuen Sinn. Jetzt realisierte der finanziell erfolgreichste Regisseur aller Zeiten für seine eigene Produktionsfirma "Dreamworks" eine historische Begebenheit: 1839 kaperten 53 Afrikaner das spanische Sklavenschiff "La Amistad", brachten im Kampf fast die gesamte Besatzung um und wurden dann nach langer Irrfahrt vor der Küste Conneticuts aufgebracht.

Die Afrikaner, die in Richtung Sonne nach Hause segeln wollten, landen in einem Winterland gefrorener Seen. Für die Sache der Inhaftierten engagieren sich schnell die Abolitionisten Theodore Joadson (Morgan Freeman) und Lewis Tappan (Stellan Skarsgård), die für die Abschaffung der Sklaverei kämpfen. Ihr Anwalt wird Roger Baldwin (Matthew McConaughey), ein windiger, aber kämpferischer Spezialist für Eigentumsfragen. Es beginnt ein Gerichtsverfahren, in dem es weniger um Mord oder Selbstverteidigung, sondern hauptsächlich um Eigentumsfragen geht. Es wirkt wie eine Farce, wenn Vertreter der Regierung, der spanischen Krone, der Amistad-Besatzung oder eines Plantagenbesitzers meist tölpelhaft ihre Ansprüche anmelden. Eine Gerichtskomödie über die Köpfe und das Verstehen der Betroffenen hinweg. Denn die Verständigungsprobleme sind deutlich spürbar und nicht zu überhören. Es erweist sich als sehr wohltuend, daß die Filmemacher auf unterschiedliche Sprachen Wert legten und den "Fremden" nicht einen unglaublichen Amerikanisch-Schnellkurs verpaßten.

Die ersten, nachtschwarzen Aufnahmen der blutigen Rebellion auf dem Schiff zeigen eine besondere Stärke. Das Kamerateam ließ sich von den Bildern Goyas inspirieren und versuchte, dessen düstere Kraft zu übertragen. Später hält sich Spielberg jedoch zurück, erzeugt hauptsächlich ein tiefes Mitfühlen für die Afrikaner und verzichtet auf besonders spektakuläre Szenen. Die mühsame Verständigung des Anwalts Baldwin und des sehr aufmerksamen Afrikaners Sengbe Pieh (Djimon Hounsou) stellt einen der emotional ergreifenden Momente dar. Hymnisch wird es, wenn Sengbe Pieh in seinen ersten englischen Worten Freiheit fordert. Theodore Joadson (Morgan Freeman), der freie Afroamerikaner, hat einen großen Moment, als angesichts der Ketten die Erinnerung an das Leid vergangener Generationen hochkommt.

Vor dem Gericht der Provinz spielt sich derweil eine Staatsaffäre ab. Dem Kampf um die Freiheit der 53 Menschen steht ein drohender Bürgerkrieg entgegen: Zwischen dem amerikanischen Norden, der Sklavenhaltung abschaffte, und den Südstaaten, die sich wirtschaftlich abhängig von der Ausbeutung der Sklaven glaubten. Der kleingeistige amerikanische Präsident Martin Van Buren (Nigel Hawthorne) braucht für seine zweite Amtszeit die Stimmen der Südstaatler. Der oft altersschwach wirkende Ex-Präsident John Quincy Adams (Anthony Hopkins) hält sich lange zurück, um dann die eindrucksvolle Schlußrede zu halten. Das Finale ist eine sich selbst übertreffende Folge von pathetischen Momenten, die unter nerviger Begleitmusik Werte der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung beschwört.

Doch bringt dieser Film mehr als eine Reihe rührender Momente? Und was sagt er über die Situation der Afroamerikaner, der Mexikaner in den USA, oder der "Ausländer" anderswo? Vor diesen Fragen erweist sich "Amistad" als sehr oberflächlich und Spike Lee als der bessere Regisseur.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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