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Adiós Buenos Aires

Deutschland, Argentinien 2023, Regie: German Kral, mit Diego Cremonesi, Marina Bellati, Manuel Vicente, 93 Min., FSK: ab 12

2001 werden die argentinische Wirtschaftskrise und das politische Chaos unerträglich für Julio Färber (Diego Cremonesi). Der Besitzer eines kleinen Schuhladens in Buenos Aires will nach Deutschland, dem Geburtsland seiner Mutter, auswandern; die Pässe sind schon da. Julio ist noch leidenschaftlicher Bandoneon-Spieler in einem Tangoorchester, doch als Bezahlung gibt es nur mal Empanadas und im Schuhgeschäft holt der Lieferant unbezahlte Ware ab. Die Freunde von der Band wissen nichts von seinen Plänen und komplettieren ihre Truppe mit dem berühmten Sänger Ricardo Tortorella (Mario Alarcón) aus dem Altersheim. Als Julio schließlich seinen Laden verkauft sowie die Wohnung gekündigt hat, werden plötzlich die Bankguthaben eingefroren. Wie soll er nun die Flugtickets für seine Mutter Dorote (Regina Lamm) und die 14-jährige Tochter Paula (Violeta Narvay) bezahlen? Dabei will der frisch verliebte Teenager gar nicht mit und bei ihrer Mutter bleiben. Gleichzeitig zweifelt Julio, ob er das chaotische Leben in Buenos Aires für wirtschaftliche Stabilität in Europa aufgeben soll.

„Adiós Buenos Aires“ erzählt rund um den stillen Helden Julio viele kleine Geschichten, stimmungsvoll durch die Tango-Lieder begleitet. Der Pianist wettet, obwohl er arbeitslos ist, und fliegt deswegen zuhause raus. Der Bassist will Julios Auto reparieren, verkauft aber erstmal die Einzelteile. Und dann der Autounfall mit der temperamentvollen wie unversicherten Taxifahrerin Mariela (Marina Bellati). Die alleinerziehende Mutter des gehörlosen Jungen Pablito hat auch kein Geld. Deshalb kutschiert sie fortan Julio mit der Band und findet dabei Gefallen an ihm.

„Adiós Buenos Aires“ ist das Spielfilmdebüt des argentinischen Regisseurs German Kral, der seit mehr 30 Jahren in Deutschland lebt. Sein herzergreifender Kinodokumentarfilm „Ein letzter Tango“ über das Leben des berühmtesten Tangotanzpaars der Geschichte, begeisterte 2016 in den deutschen Kinos. Nun gelingen ihm wieder berührende Szenen, wenn der taube Pablito das Bandoneon über die Vibrationen „hört“ oder wenn ein Tango mit einem Besen getanzt wird, während der aus dem Altersheim geworfene Maestro Tortorella in einen Nebenraum der Autowerkstatt einzieht. Solche Momente solidarischer Hilfe unter guten Menschen mischt der Regisseur mit Original-Aufnahmen von Unruhen und Gewalt in Folge der Kontensperrung. Und während die ganze Stadt protestiert, spielt Julio für einen korrupten Politiker.

Aus den Geschichten, der traurigen Mimik des Julio-Darstellers Diego Cremonesi und den melancholischen Tangos entsteht das glaubhafte Stimmungsbild einer Gesellschaft in der Krise. Wir erleben die Probleme mit, fühlen den Zwiespalt um die mögliche Auswanderung. Ein sehr schönes, von der Musik beflügeltes Drama, in dem die langjährige Verbundenheit von German Kral mit dem Tango spürbar ist.

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Ein FILMtabs.de Artikel