« | Home | »

Der Zeuge

Deutschland 2021, Regie: Bernd Michael Lade, mit Bernd Michael Lade, Maria Simon, Thomas Schuch, 97 Min., FSK: ab 12

Der vom Dresdner „Tatort“ bekannte Schauspieler Bernd Michael Lade re-inszeniert in dem sehr persönlichen Projekt „Der Zeuge“ als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller ein US-amerikanisches Militärgericht kurz nach der Befreiung Deutschlands 1945. In dem Kammerspiel zwischen Betonwänden spielt er den Zeugen Carl Schrade, der als „Berufsverbrecher“ von 1934 bis 1945 als Häftling die Konzentrationslager Buchenwald, Lichtenburg, Esterwegen, Sachsenhausen und Flössenburg erleiden musste.

In mühsamer Simultan-Ãœbersetzung Englisch-Deutsch und Deutsch-Englisch berichtet Schrade gefasst und nüchtern von seiner Festnahme, Ankunft und den Quälereien in den KZ. Die Reaktionen der Ãœbersetzerinnen sind dagegen geschockt und emotional. Gegen diese Szenen in Farbe sind in Schwarzweiß die Aussagen von SS-Männern, NSDAP-Funktionären und Ilse Koch (Lina Wendel), der Frau des berüchtigten KZ-Kommandanten Karl Koch, geschnitten – diesmal sind sie mit Nummern entpersönlicht. Dabei verweigert sich Regisseur Lade dem im Gerichtsfilm typischen Hintereinander von Zeugen und Angeklagten und setzt dem ein direktes Gegeneinander der gegensätzlichen Perspektiven entgegen. Von der anderen Seite hören wir die schauerlichen Ausreden und Entschuldigungen, sie hätten wegen der Befehle keine andere Wahl gehabt. Aber auch unmenschlich ökonomische Ãœberlegungen über das Lager als Geschäft durch die extreme Ausbeutung der Gefangenen.

„Der Zeuge“ ist auch in der Reduktion des Films erschütternd und in den nacherzählten Details schwer zu ertragen. Ein paar musikalische Akzente gibt es bei den Schilderungen besonders schrecklicher Taten. Basierend auf realen Gerichtsprotokollen realisierte Bernd Michael Lade ein nicht einfach zugängliches, aber wichtiges Dokument grausamer Entmenschlichung.


Ein FILMtabs.de Artikel