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Maurice, der Kater

Deutschland, Großbritannien, USA 2022 (The Amazing Maurice), Regie: Toby Genkel, 93 Min., FSK: ab 6

Gerade noch amüsierte der „Der Gestiefelte Kater“ im Kino, nun wird er humorig in den Schatten gestellt von einem stiefellosen und viel raffinierteren Mäusefresser: „Maurice, der Kater“ ist nach Vorlage von Terry Pratchetts Scheibenwelt-Romanen eine umwerfend komische, selbstreflexive und glänzend inszenierte Animation.

Eine flotte Musical-Nummer mit Ratten in der Hauptrolle leitet eine Variante des altbekannte Rattenfängers von Hameln ein: Das Dorf leidet unter Nager-Plage, aber der sprechende und singende Kater Maurice wüsste eine Lösung. Nachdem man den Flötenspieler Keith entlohnt hat, lockt der alle Ratten aus der Stadt. Später feiert das Ensemble dieser erfolgreichen Gaunerei zusammen: Maurice, die Ratten und der Rattenfänger haben gemeinsam wieder Kasse gemacht. Maurice einfach um des Geldes wegen, die Ratten, weil sie ein märchenhaftes Paradies aus dem Kinderbuch Mr. Bunsy finden wollen.

Mit einem Riesengrinsen à la Cheshire Cat aus „Alice im Wunderland“ ist Maurice der eigentliche Verführer, nach dessen säuselnden Tönen alle tanzen. Bis im nächsten Ort alles anders ist: In Bad Blintz leidet die Bevölkerung unter Nahrungsmangel, obwohl weit und breit keine einheimische Ratte zu entdecken ist. Im unheimlichen Kanalsystem der Stadt kommen Maurice und sein Team einer viel größeren und gemeineren Täuschung auf die Spur.

Der verschrobene Humor sowie die aus Zeit und Genre gefallenen Figuren machen schnell klar: „Maurice“ ist eine Scheibenwelt-Geschichte von Terry Pratchett. Der 2015 verstorbene britische Autor schuf mit den 41 Romanen das sehr eigene und sehr witzige Universum der Scheibenwelt, die mit wiederkehrendem Personal viele Genres lustig durchkonjugierte, während immer wieder Alltags-Phänomene karikiert wurden. Trotz eines großen Kreises von Scheibenwelt- und Pratchett-Fans, blieben die Versuche, den Erfolg dieser Mini-Romane in den Film zu übertragen, eher bescheiden. Von „Soul Music“ und „Wyrd Sisters“ gab es 1997 ganz einfach gezeichnete Animations-Serien. TV-Produktionen wie die Postamts-Parodie „Terry Pratchett’s Going Postal“ oder die Zauberer-Satire „The Colour of Magic – Die Reise des Zauberers“ wurden nur für TV produziert. Populärer war zuletzt die Zusammenarbeit mit Neil Gaiman für „Good Omens“. Den Erfolg der religionskritischen Miniserie mit David Tennant und Michael Sheen bekam Pratchett allerdings nicht mehr mit.

„Maurice, der Kater“ ist als Kinderbuch eine Ausnahme der Scheibenwelt-Romane und erhielt von britischen Buchhändlern die „Carnegie Medal“ als Bestes Kinderbuch. Es gibt auch im Film nach dem Drehbuch von Terry Rossio („Shrek“, „Aladdin“) Wortwitz, tolle Figuren sowie eine herrlich schräge Geschichte, geistreich und umwerfend komisch präsentiert. Da erweist sich eine kleine, blecherne Aufzieh-Maus als sehr lebendig, Gevatter Tod hat als Begleiter und Mitarbeiter ein winziges Ratten-Gerippe. Zudem erklärt Malicia, die fantasiereiche Rahmen-Erzählerin, wunderbar Mechanismen solch einer modernen Märchengeschichte – in der sie selbst vorkommt! Allerdings ist sie nicht die Einzige, die sich selbst kommentiert. Darauf weist der eitle Maurice hin und auch darauf, dass er sogar im Titel vorkommt! Das gewitzte Mädchen Malicia bekommt als Strafe Stubenarrest, aber außerhalb ihres Zimmers, damit sie nicht noch mehr in ihren Büchern lesen kann. So macht sie bald Teil der Gang von Maurice aus.

Im Original spricht David Thewlis den schaurigen Ratten-Chef „Boss Man“. Die deutsche Version arbeitet mit den Synchronstimmen von Bastian Pastewka, Janin Ullmann und Jerry Hoffmann.

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Ein FILMtabs.de Artikel