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Acht Berge

Italien, Belgien, Frankreich 2022 (Le otto montagne) Regie: Felix Van Groeningen, Charlotte Vandermeersch, mit Luca Marinelli, Alessandro Borghi, Filippo Timi, 148 Min., FSK: ab 6

Felix Van Groeningen („The Broken Circle“) verfilmt die lange Männerfreundschaft aus dem gleichnamigen Roman „Acht Berge“ von Paolo Cognetti in einem langen, ruhig atmenden Werk. Die Frage nach dem richtigen Leben begleitet zwei Freunde über schweigsame Jahrzehnte in dem Jurypreis-Sieger von Cannes.

Der junge Pietro aus Turin freundet sich bei der Sommerfrische im norditalienischen Bergdorf Grana schnell mit Bruno an, dem einzigen Kind des weitgehend verlassenen Ortes. Sie entdecken zusammen die Natur und gehen mit Pietros Vater auf Bergtouren. Bis Bruno für eine Maurerlehre zu seinem bislang abwesenden Vater nach Österreich und in die Schweiz muss. Während der Bergbursche weiß, dass er eigentlich in seinem Dorf leben will, hat der jugendliche Pietro keine Vorstellung von seiner Zukunft, was zur Entzweiung mit dem Vater führt. Dessen plötzlicher Tod führt dann die erwachsenen Pietro (Luca Marinelli) und Bruno (Alessandro Borghi) wieder zusammen: Der Vater hatte Pietro eine verfallene Berghütte vererbt, welche die Freunde in einsamer Höhe zusammen reparieren. Von nun an kommt der Orientierungslose jeden Sommer zum Verwurzelten. Passend zu einer Männerfreundschaft wird dabei hinter dichtem Bart nicht viel gesprochen.

Felix Van Groeningen („The Broken Circle“) hat ein besonderes Händchen für auf ruhige Weise, tief berührende Gefühle. Das beweist er auch bei der Romanverfilmung „Acht Berge“, die er zusammen mit seiner Partnerin Charlotte Vandermeersch geschrieben und inszeniert hat. Beim Tod von Pietros Vater, beim einsamen Abgehen von dessen Touren vor atemberaubenden Bergpanoramen. Die lange Freundschaftsgeschichte ist ein stiller Film, der einen nichtsdestotrotz in sich hineinzieht.

Das hat bei den Sommern auf der Hütte und auch bei Pietros Reisen in Himalaja etwas von der Zivilisationsflucht im Stile von „Into the wild“. Obwohl Bruno die Begeisterung der Stadtmenschen in der Hütte verlacht: „Im Winter liegt hier meterhoch Schnee“, meint er prophetisch. Dass die Bildung, die ihm Pietros Eltern ermöglichten, ihm allerdings auch die Fähigkeit gaben, diese Welt mit mehr als einfachsten Worten zu beschreiben, ist die andere Seite der Medaille. Zwei unterschiedliche Wege des Lebens, von den Freunden begangen und immer kurz besprochen.

Gedreht im Piemont und im Aosta-Tal beeindruckt der ruhig intensive Film optisch und mit der – bei Van Groeningen immer – besonderen Musik. Nach der Wiederentdeckung des Bluegrass für „The Broken Circle“ treten jetzt die Klänge des Schweden Daniel Norgren ins Scheinwerferlicht. Der Soundtrack scheint immer wieder aus der kraftvollen Natur hervorzuquellen und vollendet kongenial diesen sehr schönen Film.


Ein FILMtabs.de Artikel