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She Said

USA 2022, Regie: Maria Schrader, mit Carey Mulligan, Zoe Kazan, Patricia Clarkson, 129 Min., FSK: ab 12

Carey Mulligan und Zoe Kazan spielen eindrucksvoll den Anfang von #metoo aus journalistischer Sicht nach: Die Jagd auf den Filmmogul und Vergewaltiger Harvey Weinstein wirkt scheinbar nüchtern erarbeitet, ist aber trotzdem schockend und bewegend. Regisseurin Maria Schrader macht nach ihrem Erfolg mit dem Emmy-Sieger „Unorthodox“ einen weiteren großen Schritt in Hollywood.

Die deutsche Filmemacherin Maria Schrader entscheidet sich klar und klug für die Perspektive der Frauen – der Täter Harvey Weinstein ist im ganzen Film nur einmal kurz von hinten zu sehen. Die Hauptrollen spielen die Reporterinnen der „New York Times“ Megan Twohey (Carey Mulligan) und Jodi Kantor (Zoe Kazan). Megan versuchte schon Donald Trump wegen seiner sexuellen Ãœbergriffe festzunageln, bevor sie ein Kind bekam und wegen zahlloser Angriffe über einen Ausstieg vom Job nachdachte. Dann steigt sie 2017 in die Ermittlungen ihrer Kollegin Jodi ein. Einer der ersten Berichte von Frauen, die von Harvey Weinstein zum Sex gezwungen wurden, stammt von Ashley Judd („Doppelmord“, „Bug – Tödliche Brut“). Doch auch die erfolgreiche Schauspielerin, die sich selbst spielt, traute sich nicht, gegen den Gewalttäter aufzutreten. So reihen sich die erschütternden Berichte aneinander, immer nach dem gleichen Muster: Versprechungen an junge Talente, die Treffen in Hotelzimmern, Weinsteins Auftritt im Bademantel, das Duschen, die Drohungen…

Anzeigen blieben erfolglos und sind nicht mehr im Archiv der Polizei auffindbar. Viele Frauen unterschrieben Schweigevereinbarungen und können heulend in Interviews nicht die Wahrheit sagen. Der Einfluss des überaus erfolgreichen Filmproduzenten und Oscar-Siegers („Shakespeare in Love“) ist zu groß. Doch Megan und Jodi geben nicht auf und erarbeiten sich mit mühsamer Recherche das unwiderlegbare Bild eines gnadenlosen Machtmenschen, der reihenweise Frauen missbraucht hat.

Erstaunlich an Maria Schraders Nacherzählung des Anfangs der #metoo-Bewegung ist die scheinbar nüchterne Inszenierung: Lange wird auf Rückblenden zu den Verbrechen verzichtet, die dann im letzten Teil des Films umso wirkungsvoller einsetzen. Die Regisseurin vertraut ganz auf die (Nach-) Erzählung der furchtbaren Situationen, auf die Schilderung vom Erleiden der Gewalt. Das scheint vom Papier her wenig reizvoll, erweist sich aber als Prinzip „She said“ – „Sie sagte …“ – im Film dank exzellenter Darstellerinnen als erschütternd. Statt Winkelzüge der Gegenseite aufzuzeigen, sehen wir den schwierigen Alltag der Journalistinnen mit geduldigen Männern in den jeweiligen Beziehungen. Der Aspekt, dass beide eine Tochter haben, lässt sich ohne weitere Betonung als Motivation erkennen, dass denen so etwas nicht passieren soll.

Die bekannte Schauspielerin Maria Schrader („Aimée & Jaguar“, „Vergiss mein Ich“) begeisterte als Regisseurin schon mit der Stefan Zweig-Biografie „Vor der Morgenröte“ und der sensationell erfolgreichen Miniserie „Unorthodox“ über die Flucht einer orthodoxen Jüdin. Nun bewahrt sie sich in ihrem Hollywood-Debüt einen eigenen Stil und lässt vor allem den entscheidenden Frauen der historischen #metoo-Bewegung ihren Raum.


Ein FILMtabs.de Artikel