Die stillen Trabanten
Deutschland 2022, Regie: Thomas Stuber, mit Martina Gedeck, Nastassja Kinski, Charly Hübner, 120 Min., FSK: ab 12
Aus den gleichnamigen Kurzgeschichten von Clemens Meyer („Als wir träumten“) machen „Die stillen Trabanten“ mit sehr prominenter Besetzung reizvolle Porträts von Menschen an sozialen Bruchstellen: Die ihrem Parka versteckte Christa (Martina Gedeck) reinigt Züge für die Bahn und muss mit Beschwerde der gnadenlosen Leitung fertig werden. Sie hatte in einem Abteil zwei Kirschkerne übersehen! Beim allabendlichen Schöntrinken des tristen Lebens („Noch eine Maria?“) trifft sie im verlassenen Leipziger Bahnhof auf Friseurin Birgitt (Nastassja Kinski), die ebenfalls von Vorgesetzten schikaniert wird und den Frust mit Sektchen runterspült. Die Frauen fühlen sich direkt voneinander angezogen, von Männern haben beide sowieso genug.
Bistrobesitzer Jens (Albrecht Schuch) entschuldigt in seinem Imbiss dafür, dass sein Gehilfe den orientalisch aussehenden Gast Hamed (Adel Bencherif) wegen der Anschläge von 9/11 dumm anmacht. Nicht nett ist allerdings, dass Jens sich ohne Bedenken an dessen Frau Aischa (Lilith Stangenberg) ranmacht, die vor der Konvertierung zum Islam anders hieß. Bei der nächtlichen Zigarette im Treppenhaus flirtet er hemmungslos mit der Frau im Kopftuch und erzählt von den „Stillen Trabanten“, den Lichtern umliegender Hochhäuser. In einem von ihnen, einem Ausländerwohnheim, dreht Wachmann Erik (Charly Hübner) seinen Runden und sucht die Nähe der jungen russischen Emigrantin Marika (Irina Starshenbaum).
Regisseur Thomas Stuber entwickelte wie schon bei den exzellenten „In den Gängen“ und „Herbert“ in Zusammenarbeit mit Clemens Meyer die Porträts suchender Menschen, die wie Trabanten kurzzeitig zueinanderkommen. Dabei wird den interessanten Figuren eine ruhige Konzentration und ein mitfühlend milder Blick entgegengebracht. Selbst beim in seinen Verführungsversuchen gnadenlosen Jens, der vom Verstehen wollen und vom Interesse an seinen Mitmenschen geleitet ist. Wie schon bei der Lagerarbeiter-Romanze „In den Gängen“ mit Franz Rogowski und Sandra Hüller tragen bekannte Darstellerinnen und Darsteller die feinen Studien angeblich „einfacher“ Menschen. Martina Gedeck („Wunderschön“, „Ich bin dann mal weg“) verschwindet völlig in ihrer abgearbeiteten Figur ohne Hoffnung. Nastassja Kinski („Paris, Texas“) berührt als einsame Friseurin in einen ihrer sehr seltenen Auftritte.
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- Publiziert von:
- Günter H. Jekubzik, 27.11.2022 / 4:02
- Rubrik:
- Kritiken GHJ
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