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Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr

Großbritannien, Vereinigte Arabische Emirate 2021 (The Last Bus) Regie: Gillies MacKinnon, mit Timothy Spall, Phyllis Logan, Natalie Mitson, 86 Min., FSK: ab 12

In einem sehr rührenden Abschiedsfilm reist der 90-jährige Tom (Timothy Spall) per Bus vom Nordosten Schottlands bis zu „Land‘s End“ im Südwesten Cornwalls, wo er vor 70 Jahren seine inzwischen verstorbene Frau Mary kennengelernt hat. Es ist eine Erinnerungsreise für den langsamen, aber energischen Mann. Und so begegnet er schon an der ersten Straßenecke seinem jüngeren Ich, das gerade mit Mary in die neue Wohnung zieht. Ankunft und Abschied in einer wundervollen Szene!

„Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr“ reist nicht nur zurück auf der Straße seiner Erinnerungen, hin zu einem tragischen Ereignis, das uns lange vorenthalten wird. Die Fahrt auf einer Art 9-Euro-Ticket für Senioren, von einer Buslinie auf die andere, geht auch quer durch die Gesellschaft. Tom begegnet den unterschiedlichsten Menschen, grobe und mitfühlende, glückliche und tieftraurige. Der einsame alte Mann ist dabei selbst überraschend hilfsbereit und auch wehrhaft: Mal repariert er zum Staunen des Fahrers den Bus, dann bringt er einen jungen Mann davon ab, sich wegen Liebeskummers bei der Armee zu melden. Zwischendurch bevölkern Schafe einen Doppeldeckerbus, dann eine Gruppe junger Cheerleader. Eine Haltestelle ist ein Kunstwerk im Mondrian-Stil. Grandios, wie Toms Zivilcourage einen ganzen Bus solidarisch gegen einen betrunkenen Rowdy aufstehen lässt, der eine verschleierte Frau belästigt. Am Ende muss der Aggressor aussteigen.

Im Gegensatz zu den skandinavischen Klamotten („Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“), auf die der dumme deutsche Titel referiert, ist dieser Film von Regisseur Gillies MacKinnon („Ein Kind von Traurigkeit“, „Marrakesch“) stille Tragödie und Liebesfilm. Mit einer herrlichen Rolle für den großartigen preisgekrönten Schauspieler Timothy Spall („Spencer“, „The King’s Speech“, „Mr. Turner“). Mit feinen Tönen trägt er diesen bewegenden Film, so wie das „Amazing Grace“ seiner Figur mit leiser Stimme ein lautes Gesangsduell zwischen Fußballfans und Junggesellinnen-Abschied gerührt verstummen lässt.


Ein FILMtabs.de Artikel