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Massive Talent

USA 2022 (The unbearable weight of massive talent) Regie: Tom Gormican, mit Nicolas Cage, Pedro Pascal, Tiffany Haddish, Neil Patrick Harris, 108 Min., FSK: ab 12

Wenn es doch immer so einfach wäre, wie im Film „Con Air“, den die Tochter des kolumbianischen Präsidenten mit Popcorn und Freund genießt: Da wird eine andere Tochter sicher von ihrem Filmvater Nicolas Cage gerettet. Denn: „Er ist Legende!“ Worauf maskierte Männer einfallen und das Mädchen entführen. Schnitt auf das „wahre“ Leben der „Legende Cage“ in Los Angeles heute: Stilvoll cruist er zum Gespräch für eine Filmrolle über den Highway, rastet dann wie ein Anfänger beim Vorsprechen aus. Beim Geburtstag der Tochter im Haus der getrennt lebenden Ehefrau ist Star Nicolas Cage nur noch besoffene Peinlichkeit. Als seine Hotelsuite für 600 Dollar die Nacht wegen Zahlungsverzug versperrt ist, nimmt der Schauspieler auf der Abwärtsspirale ein verachtetes, aber lukratives Angebot an: Für eine Million Dollar soll Cage bei einer Geburtstagsparty auf Mallorca auftreten.

Gastgeber ist Javi Gutierrez (Pedro Pascal), Milliardär mit kriminellem Hintergrund und vor allem Super-Fan von Nicolas Cage. Die reichlich skurrile Situation entwickelt sich mit gutem Gras und viel Männer-Bonding zur echten Freundschaft. Auch wenn Cage einige Ergänzungen zu Javis Drehbuch hat. Zudem ist Nick Cage die letzte Hoffnung der CIA, um an die entführte Politikertochter der Eingangsszene ranzukommen, die beim Gangster vermutet wird.

„Massive Talent“ ist Action-Buddy-Komödie und erinnert nur in den albernsten Momenten an uneigentliche und ungeeignete Agenten wie Jackie Chan als „Spion wider Willen“ oder Rowan Atkinson als „Johnny English“. Doch eigentlich muss man Cage-Fan sein oder noch mal eine Woche in die „Mancage“-Mediathek eintauchen, um alle Hinweise in den Dialogen zwischen Fan(s) und Star zu verstehen. Denn der feinere Witz von „Massive Talent“ liegt darin, dass eine ganze Karriere dekonstruiert wird. Bevor der einfache Actionheld noch einmal die Oberhand gewinnt, um wieder seine Tochter zu retten. Dabei taucht immer wieder sein wildes, jüngeres Ich namens Nicky auf, um wie das Teufelchen auf der Schulter ein paar verrückte Dinge vorzuschlagen. Nicky wie Nicolas Kim Coppola, wie der Neffe von Francis Ford Coppola eigentlich heißt, und ledermäßig bekleidet wie in seiner Rolle in „Wild at Heart“.

Der 1964 geborene Cage hatte eine große Karriere zwischen frühen, kitschigen Glanzlichtern wie „Mondsüchtig“ (1987) neben Cher bis zum „Oscar“-prämierten Meisterwerk „Leaving Las Vegas“ (1995). Daneben eine knallharte Action-Schiene mit dem Gefängnis-Thriller „The Rock“ (1996) und der irren Ausbruchs-Action „Con Air“, bei der sich der gutherzige Unschuldige in einem Flieger voller Schwerverbrecher bewähren muss. Im gleichen Jahr von „Con Air“, 1997, gab es schon einen ersten Ansatz, wieder aus der Action-Kiste rauszukommen: Bei „Face/Off – Im Körper des Feindes“ wechselte Nicolas Cage das Gesicht mit John Travolta. Eine doppelte Doppelrolle, inszeniert vom Hongkong-Altmeister John Woo.

Die enorme Filmliste, die im großen Devotionalien-Raum des Gangster-Bosses Javi Gutierrez Niederschlag findet, enthält auch reine Romantik wie den „unterschätzten“ (Javi) „Corellis Mandoline“ (2001) von John Madden oder „Stadt der Engel“ (1998) von Brad Silberling. Werner Herzog kitzelte 2009 noch einmal alles aus der Ambivalenz von Güte und Härte im Gesicht von Cage heraus für das Abel Ferrara-Remake von „Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen“. Der Rest war überkandidelter Trash wie „Ghost Rider“ (2007), „Ghost Rider: Spirit of Vengeance“ (2011), „Duell der Magier“ (2010), „Das Vermächtnis der Tempelritter“ (2004) oder „Der letzte Tempelritter“ (2010). Der weitere Verlauf seiner Karriere lässt sich am besten dadurch beschreiben, dass kein Film erwähnenswert wäre. Nur auf den blutrünstigen Horror „Mandy“ (2017) wird auch in „Massive Talent“ referiert.

„Massive Talent“ ist bei allen Referenzen kein „Adaption – Der Orchideen-Dieb“, der Film von Charlie Kaufman, in dem Nicolas Cage den genialen Drehbuchautor Charlie Kaufman spielt und auch noch dessen Zwillingsbruder Donald, der sich auf simple, aber erfolgreiche Thriller spezialisiert hat. Im Vergleich zu jedem Charlie Kaufman-Film ist „Massive Talent“ selbstverständlich unterkomplex. Referenz ist vor allem die belgischen „Action-Fritte“ Jean-Claude Van Damme, die sich mit selbstreferenziellen „JCVD“ aus einem Karriere- und Image-Tal herausfilmte. Das ist Cage mit diesem unterhaltsamen und augenzwinkernden Actionspaß für alte und junge Fans auch zu wünschen.


Ein FILMtabs.de Artikel