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Petite maman

Frankreich 2021, Regie: Céline Sciamma, mit Joséphine Sanz, Gabrielle Sanz, Nina Meurisse, 73 Min., FSK: ab 0

Ein kleines Wunder … dieser Film, der von einem ebensolchen erzählt: Es ist eine magische Situation, dass die achtjährige Nelly (Joséphine Sanz) beim geliebten Baumhaus ihre Mutter ebenfalls als Achtjährige trifft. Es ist emotional viel passiert bis zu diesem Moment. Nellys Großmutter ist gestorben und zusammen mit den Eltern fahren sie zu deren Haus, um es zu entrümpeln. Für Nellys Mutter (Nina Meurisse) ist das alles zu viel, sie verschwindet und lässt Vater (Stéphane Varupenne) mit Kind zurück. Darauf findet die Achtjährige im Wald ein anderes Mädchen, das gerade ein Baumhaus baut. Marion sieht sehr vertraut aus (die Mädchen werden von Schwestern gespielt) und Nelly ahnt bald, dass ihre neue Freundin eigentlich ihre eigene Mutter ist. Auf wunderbare Weise kann sie die neue Freundin in Mutters Wohnung von damals und den Vater im Haus von heute besuchen. So lernt das Kind nicht nur die Mutter besser kennen, es wird ihr auch Zeit geschenkt, sich von der Großmutter (Margot Abascal) zu verabschieden. Die ist zwar so alt wie Mama jetzt, aber trotzdem kann sie wieder Kreuzworträtsel mit ihr lösen.

Die Zeitreise in die Vergangenheit der eigenen Familie fällt in „Petite maman“ (dt: Kleine Mama) nicht albern-fantastisch wie „Zurück in die Zukunft“ oder kitschig wie Francis Ford Coppolas „Peggy Sue Got Married“ aus. Das neue Meisterstück von Céline Sciamma nach dem schwelgenden „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ ist kein Hollywood-Blödsinn. Deshalb wird kein großer Tricktechnik-Zauber um das unglaubliche Treffen gemacht. Der ganz einfach und „natürlich“ gehaltene Film nimmt es wie Nelly relativ unbeeindruckt auf, der eigenen Mutter als Kind zu begegnen.

Auch wenn Marion zum Beispiel nach der Musik der Zukunft fragt, die Nelly auf den Kopfhörern hat, läuft dies ganz gewöhnlich ab. Wichtiger als der Science Fiction-Scherz ist das Interesse aneinander, wenn sich die Mädchen von ihren Albträumen erzählen. Das aufgeweckte, fröhliche Mädchen findet einen einzigartigen Weg, mit Trauer und Abschied umzugehen. Und Céline Sciamma zeigt dies in ihrem fünften Film in poetisch stiller Art. Am Ende ist alles wieder gut, das Kind zeigt den Erwachsenen einen versichernden, beruhigenden Blick.


Ein FILMtabs.de Artikel