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King Richard

USA 2021, Regie: Reinaldo Marcus Green, mit Will Smith, Aunjanue Ellis, Saniyya Sidney, 145 Min. FSK: ab 12

Der Titel sagt es schon: Die Erfolgsgeschichte der Williams-Schwestern im Tennis wird nicht mit Fokus auf die beiden Spielerinnen Venus und Serena erzählt. Im Zentrum steht Vater Richard Williams, eindrucksvoll und Oscar-würdig gespielt von Will Smith. Mit sechs Nominierungen ist „King Richard“, der auf Richard Williams‘ Autobiografie „Black and White“ beruht, ein großer Favorit der Oscars.

Richard Williams (Will Smith) wirkt wie ein Wahnsinniger, wenn er mit seinem 78-seitigen Erfolgsplan in weißen Tennisclubs Finanziers umwirbt: Nach drei Töchtern hätte er mit seiner Frau zwei weitere gezeugt, die in Zukunft die besten Tennisspielerinnen der Welt sein werden. Nun arbeitet er auch wie wahnsinnig an der Karriere seiner „Champions“. Bei seinem Job als Nachtwächter und mit den Mädchen auf einem heruntergekommenen öffentlichen Tennisplatz.

Wir sind in Compton, dem sozial benachteiligten Vorort von Los Angeles. Drumherum im Park lungern gewalttätige Typen, die Richard zusammenschlagen, weil er sie bittet, seine Mädchen nicht zu belästigen. Scheinbar nicht das erste Mal, dass er Prügel bekommt. Und deutlich die eigentliche Motivation hinter seinem „Geschäftsplan“: Seine Kinder sollen einmal sicher und frei von Unterdrückung leben können. Es geht in „King Richard“ um sportlichen Erfolg, aber vor allem um den Respekt, den Richard selbst nie erhalten hat.

„King Richard“ klingt nach Shakespeare, aber die Sportgeschichte wirkt wie ein Narren-Stück, das seine berührenden Wahrheiten ganz unauffällig mitbringt. Richard ist und bleibt ein nerviger Besserwisser, „der dickköpfigste Typ, den ich jemals im Leben getroffen hab, und ich hab‘ McEnroe trainiert“ (Rick Macci). Selbstbewusst tritt er auf der Suche nach einem professionellen Trainer in den weißen Elite-Clubs auf. Allerdings weniger überzeugend als beharrlich. So dürfen Venus (Saniyya Sidney) und Serena Williams (Demi Singleton) endlich einmal vorspielen und überzeugen schließlich Paul Cohen, den Trainer von Pete Sampras. Geld ist allerdings nur für das Training von Venus da. Serena wird von Richard und Mama Oracene „Brandy“ Williams (Aunjanue Ellis) privat fit gemacht – mit den Videos, die Papa von Venus‘ Training aufnimmt. Diese sehr schmerzliche Erfahrung bleibt ein kleines Drama am Rande. Dank großartiger Schwesternschaft leidet Serena still und meldet sich heimlich bei einem Turnier an. Richard und wir wissen, dass sich der Plan des Vaters erfüllen wird: Venus wird einst als erste afroamerikanische Spielerin zur Nummer Eins der Tennisrangliste, Serena die beste Spielerin ihrer Zeit.

Später, als der legendäre Rick Macci (Jon Bernthal) in Florida das Training übernimmt, bringt der viel Spaß in den Film. Es kristallisiert sich aber auch neben extremer Dickköpfigkeit und schwierigem Charakter eine weitere Eigenschaft Richards heraus: Angesichts der Drogenkarriere von Maccis einstigem Jung-Star Jennifer Capriati verteidigt Papa die Familien-Werte und Privatleben. Er hält seine Töchter lange von Tennisturnieren fern.

Nicht nur hier ist „King Richard“ der Film von Richard Williams und Will Smith, der ganz in seinem Charakter aufgeht. Während 1992 im Fernsehen die Rodney King-Aufstände zu sehen sind, muss sich der Vater vor einer Sozialarbeiterin verteidigen. „Weil er seine Kinder von der Straße fernhält“, wie er wütend schreit. Im elitären Tennis-Club begrüßt er interessierte Förderer seiner Töchter mit dem bitter-frechen Spruch „Nett, dass ihr die (Ku-Klux-Klan-) Kappen abgenommen habt!“ Selbst ein heftiger Ehekrach ist getränkt vom Gift des Rassismus. So ist „King Richard“ weniger eine Sport-, denn eine Befreiungs- und Emanzipationsgeschichte. Der großartig gespielte Film macht vielfach klar, was der Williams-Erfolg in diesem weißen Sport bedeutet.

Für Fans der Williams-Schwestern ist „King Richard“ ein Muss. Für Kino-Fans allerdings auch, was nicht nur die gleich sechs Nominierungen belegen: Bester Hauptdarsteller (Will Smith), Beste Nebendarstellerin (Aunjanue Ellis als Brandi Williams), Bestes Originaldrehbuch (Zach Baylin), Bester Song („Be Alive“), Bester Schnitt (Zach Baylin) und Bester Film. Als Bester Tennisfilm wird er bei Sport-Publikationen jetzt schon reißerisch angekündigt. („Battle of the Sexes – Gegen jede Regel“ mit Emma Stone Billie Jean King wäre da noch zu erwähnen.) Letztere Nominierung könnte die Trophäen-Sammlung der Serien-Siegerinnen Williams um einen Oscar bereichern. Denn produziert wurde die Biografie von Will Smith; Serena Williams und Venus Williams sind Koproduzentinnen.


Ein FILMtabs.de Artikel