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Charlatan

Tschechien, Irland, Slowakei, Polen 2020, Regie: Agnieszka Holland, mit Ivan Trojan, Josef Trojan, Juraj Loj, 118 Min., FSK: ab 16

Der tschechische Naturheilkundler Jan Mikolášek (1889-1973) diagnostizierte Krankheiten und rettet Leben nur auf Basis von Urinproben und seinen vier Kräutermischungen. Hunderte Patienten stehen Tag für Tag Schlange vor seiner Villa. Mikolášek (Ivan Trojan) verschreibt See-Luft wegen Vitamin D-Mangel und bezahlt einer armen Mutter gleich den Aufenthalt. Nach dem Tod von Staatspräsidenten Zápotocky 1957 wird der Heiler, der unter den Nazis und im Stalinismus mächtige Freunde finden konnte, zum Feind des Kommunismus erklärt. Wegen seines Wohlstandes und des amerikanischen Autos, wie die Parteizeitung das „Orakel des Urins“ beschuldigt.

Ehemalige Patienten aus den Ministerien warnen ihn, doch er will nicht ins Ausland. Auch auf seinen Assistenten und Geliebten František (Juraj Loj), der seit Jahren heimlich mit ihm zusammenlebt, hört der eigenwillige Mikolášek nicht.

Die namhafte polnische Regisseurin Agnieszka Holland („Hitlerjunge Salomon“ 1989, „Die Spur“ 2017) porträtiert den tschechischen Wunderheiler Jan Mikolášek nicht in einer glänzenden Hagiographie. Die Berühmtheit weiß zwar enorm viel und erkennt Erstaunliches, doch er ist mit Anfällen von Wut und Sadismus eine zerrissene Persönlichkeit. Furchtbare Kriegserfahrungen liegen dem zugrunde, auch die Erlebnisse um eine drohende Amputation eines Beines bei seiner Schwester.

Nach einigen Hollywood-Ausflügen und der dramatischen Biografie über den britischen Journalisten Gareth Jones (1905-35) „Red Secrets – Im Fadenkreuz Stalins“ (2019) ist nun der Stalinismus nur eine Randerscheinung dieses auch durch seinen großartigen Hauptdarsteller Ivan Trojan faszinierenden Psychogramms. Dass Mikolášek bis zuletzt ein Rätsel bleibt, spricht hier für diesen Film.


Ein FILMtabs.de Artikel