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München – Im Angesicht des Krieges

Großbritannien 2021, Regie: Christian Schwochow, mit George MacKay, Jeremy Irons, Jannis Niewöhner, August Diehl, Sandra Hüller, Liv Lisa Fries, Ulrich Matthes, 123 Min.

Wie es ausging mit dem Münchner Abkommen von 1938 wissen wir ja: Der Versuch der Regierungschefs Neville Chamberlain und Édouard Daladier, die kriegslüsternen Adolf Hitler und Benito Mussolini zu bremsen, führte zur Abgabe des Sudetenlandes durch die Tschechoslowakei und den Weltkrieg ein Jahr später. Christian Schwochow macht trotz des bekannten Endes aus der Historie – basierend auf das Buch von Robert Harris – eine sehr spannende Geschichte:

Drei Freunde studierten einst zusammen in England: Die Deutschen Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner) und Lenya (Liv Lisa Fries) sowie der Einheimische Hugh Legat (George MacKay). Als Jahre später durch Hitler Krieg droht, finden sich Paul und Hugh in den jeweiligen Delegationen, die in München einen Frieden aushandeln sollen. Die Jüdin Lenya liegt mittlerweile, von den Nazis ins Wachkoma geschlagen, in einem Krankenhaus. Was zeigt, wie weit es mit Deutschland gekommen ist. Zusätzliche Brisanz erhält die Situation dadurch, dass der einst überzeugte Nationalist Paul nun als Widerstandskämpfer in Wartstellung ein geheimes Dokument über Hitlers wahre Kriegsabsichten an Englands Premier Neville Chamberlain (Jeremy Irons) weiterreichen soll. Gefährlich wird ihm dabei sein alter Kumpel Franz Sauer (August Diehl), ein besonders scharfer und brutaler Hund bei der SS. Oder sollte Paul den Diktator direkt umbringen, wenn er Hitler (Ulrich Matthes) täglich die Auslandspresse vorlegt?

Man weiß, wie es ausging, doch diese historische Deutschland-Stunde ist mit toller Besetzung trotzdem spannend wegen der in diesem Gedankenspiel offenen Frage, ob man Hitler früher militärisch hätte stoppen sollen. Gerade Chamberlains Versuch, unbedingt einen Krieg zu verhindern und Menschenleben zu retten, führte zum größten Kriegsverbrechen der Menschheit. Aber auch zu einem Jahr Aufschub für die Alliierten, das letztendlich kriegsentscheidend gewesen sein soll, wie der Abspann erläutert.

Christian Schwochow entwickelt sich mit einer breiten Palette von Themen und Stilen zu einem der interessanteren Regisseure nicht nur Deutschlands. Vor „München“ gab es den engagiert misslungen Politfilm „Je suis Karl“ über rechte Umtriebe in Europa. Während die zwei Folgen der Fernsehserie „The Crown“ (2019) ein spezielles Publikum erfreuten, war die bankenkritische Fernsehserie „Bad Banks“ (2018) ein breiter Erfolg. Mit „Deutschstunde“ nach Lenz filmte Schwochow 2019 Literatur-, mit „Paula“ (Modersohn-Becker) 2016 Kunstgeschichte.

In ausgewählten Kinos ab dem 6. Januar und ab 21. Januar 2022 weltweit auf Netflix.


Ein FILMtabs.de Artikel