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Lieber Thomas

Deutschland 2021 Regie: Andreas Kleinert, mit Albrecht Schuch, Jörg Schüttauf, Jella Haase, 157 Min. FSK: ab 16

Autor und Regisseur Thomas Brasch (1945-2001) ist nicht nur schillernde und brüchige Figur des Kulturbetriebes, in den er sich nie einordnen lassen wollte. Als Sohn des Stellvertretenden Ministers für Kultur der DDR, Horst Brasch, rebellierte er gegen SED-Staat und nach der Ausbürgerung gegen ie kapitalistische Kultur – Brasch als kreativer Aufrührer deutsch-deutscher Geschichte. Zudem reicht sein „Frauenverschleiß“ für einige Seiten im Goldenen Blatt der Kulturelite: Mit der Sängerin Bettina Wegener hatte er ein Kind. Sandra Weigl, die Nichte der Brecht-Witwe Helene Weigl, bringt ihn zum Berliner Ensemble, während er nach einer Gefängnisstrafe noch als Dreher in einer Fabrik malochen muss. Mit der jungen, anderweitig frisch verheirateten Schauspielerin Katharina Thalbach als nächster Partnerin lässt er sich in den Westen abschieben.

Rau und ungehobelt wie der schwarzweiße Film ist der „Kerl“ Thomas Brasch (stark: Albrecht Schuch): Macho hätte man früher im Westen gesagt. Mit Schalk in den Augen und statt eines dummen Spruchs immer Poetisches auf den Lippen. Faszinierend! Und doch vergnügt und leidet sich dieser Typ in Andreas Kleinerts („Freischwimmer“, „Wege in die Nacht“) kurzweiligem Film eher höflich zurückhaltend durch seine Biografie. Von 1955 an mit heftigem Bulling auf der Militärschule, bei der die DDR ironischerweise in Tradition preußischer Unterdrückung steht. Dem frühen Wunsch Braschs, Schriftsteller zu werden, und der Weigerung der Regierungs-Kumpel von Papa, ihn zu veröffentlichen. Letztlich verrät ihn sogar der Vater wegen Teilnahme an den Protesten gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings, Tiefpunkt eines lebenslangen Vater-Sohn-Konflikts. Nach dem zu frühen Tod bleiben viel Theater und Poesie, vier bemerkenswerte Filme und ein nicht vollendeter Riesen-Roman.


Ein FILMtabs.de Artikel