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Beckenrand Sheriff

BRD 2021 Regie: Marcus H. Rosenmüller, mit Milan Peschel, Dimitri Abold, Sebastian Bezzel, Rick Kavanian, Gisela Schneeberger, Johanna Wokalek, 110 Min. FSK ab 6

Der Bademeister an sich ist eine nahezu mythische Figur. Ausgestattet mit Badeschlappen, oft Goldkettchen und vor allem Trillerpfeife sieht man ihm die direkte Verwandtschaft mit Neptun und Poseidon sofort an. Kein Wunder, dass ihm ein großes literarisches Werk gewidmet wurde – die Bademeister-Witzbildchenstreifchen von Tom in der Tageszeitung taz! Nun ist Karl keine Bade-, sondern Schwimmmeister! Was vielleicht seine Schlechtgelauntheit erklärt.

„Regel Nummer 2: Null Toleranz.“ Streng ist das Regime von Bade-, Verzeihung: Schwimmmeister Karl (Milan Peschel), der in zweiter Generation das Freibad in Grubberg führt. Kein Kraulen in Bahn 6 und „Das ist ein Sprungturm, kein Stehturm“. So wird Dr. Rieger (Rick Kavanian) angemault, der es nicht schafft, vom 5-Meter-Turm zu springen. Aber später eine große Rolle spielen wird. Als allerdings das Freibad als zu teuer geschlossen werden soll, bekommt Karl die Quittung: Das Sammeln von Unterschriften für ein Bürgerbegehren ist für das Ekel nicht besonders erfolgreich. Wie eine Montage von Türen und Fenster zeigt, die vor seiner Nase zugeschlagen werden. Nur der tote Friseur lässt sich zu einer Signatur bewegen, gerade noch vor der Leichenstarre.

Ja, es geht deftig zu in „Beckenrand Sheriff“. Auch dies ist ein Film vom bajuwarischen Regisseur Marcus H. Rosenmüller („Wer früher stirbt, ist länger tot“, „Sommer in Orange“, „Trautmann“). Doch selbst, wer den Weißwurscht-Äquator nur für Durchreisen überquert, kann sich diesmal entspannen. Dank exzellenter Darsteller wie Milan Peschel („Klassentreffen 1.0“, „Der Nanny“) als grantiger Bademeister Karl, Johanna Wokalek („Deutschstunde“) als Trainerin der Wasserballmannschaft oder Polt-Urgstein Gisela Schneeberger („Eine ganz heiße Nummer“) als wendefähige Bürgermeisterin mit Pistole, und Dank des ausgewogenen Drehbuchs von Marcus Pfeiffer gelang ein Spaß für Bayern und den Rest der Welt.

Da gibt es einfachen Slapstick und simple Karikaturen wie den sadistischen Schlepper. Aber zur Rettung auch den Rettungs-Schwimmer in Ausbildung Sali (Dimitri Abold). Der nigerianische Bademeister-Azubi wider Willen sorgt mit seiner Flüchtlings-Geschichte für ein ganz klein wenig Ernst. Raffiniert, clever und sympathisch gibt er lange die einzige Figur, die keine Karikatur ist. Karl bringt Sali das Schwimmen bei, der Lehrling probiert dem Chef dafür das Flirten zu vermitteln. Was die schwierigere Aufgabe ist. Bis zur Loriot Verneigungs-Szene bei der Verabredung zum Abendessen mit der Trainerin Frau Wilhelm (Wokalek): „Getränke bringen Sie.“ „Nein.“ „Doch.“ „Oooh!“ „Das ist deutsche Romantik“, meint auch der Film selbst. „Würden sie vielleicht …. mit mir puzzeln?“ ist dabei eine schon höchst verwegene Anfrage. Allerdings auch raffiniert, denn Frau Wilhelm ist Bayerische Rekordhalterin in 1000 Teile-Puzzeln. Es gibt sogar eine Puzzle-Eröffnung, die nach ihr benannt ist: Wilhelm-Manöver.

Im Spaß-Kaleidoskop von „Beckenrand Sheriff“ gibt es noch eine herrlich jämmerliche Wasserballer-Truppe, die unter der Leitung von Johanna Wokalek einen eigenen Film verdient hätte. Eine ehemalige Top-Schwimmerin, die gegen ihren Vater, den Immobilien-Hai, rebelliert. Und vor allem eine der verschrobensten Film-Romanzen seit langer Zeit – siehe oben.

„Wir sind, was wir wiederholt tun“, lautet die Philosophie der ebenfalls strengen Frau Wilhelm. Und es ist das Bouquet dieser verqueren Typen, das in „Beckenrand Sheriff“ so viel Spaß macht.


Ein FILMtabs.de Artikel