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Emma. (2020)

GB 2020 Regie: Autumn de Wilde, mit Anya Taylor-Joy, Johnny Flynn, Bill Nighy, Mia Goth, Miranda Hart 124 Min.

Hätten die inflationären Heiratsvermittler von Bachelor- und Bauernshows bloß „Emma“ von Jane Austen gelesen! Sie hätten verstanden, dass Heiratsvermittlung – mit zu geringem Verstande betrieben – immer schiefgehen muss. Deshalb nach zahllosen Verfilmungen hier noch einmal und richtig vergnüglich: Emma!

Diese Emma Woodhouse (Anya Taylor-Joy) ist ein furchtbar eingebildetes Naivchen, wohlsituiert im britischen Landadel Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie meint, ihre Mitmenschen zum (Ehe-) Glück führen zu müssen. Besonders darunter leiden muss ihre Freundin Harriet Smith (Mia Goth). Emma nimmt sich dieses völlig unbedarften Kükens an, sucht einen passenden Mann für die Mittellose, muss es dann aber verwinden, dass Harriet mit jemandem flirtet, der sie selbst interessiert.

Da sind der seltsame Pfarrer und der sehr gut aussehende, aber „zu arme“ Bauer. Und vor allem der lange abwesende und erwartete Nachbars-Neffe Frank Churchhill (Callum Turner). Ihr Freund Mr. Knightley (Johnny Flynn) ist bei all den Irrungen und Wirrungen immer still und spitz kommentierend dabei. Nur er kann mit seinem kühlen Verstand lange den emotionalen Wallungen trotzen. (Ein Mann übrigens, der regelmäßig den Wagen stehen lässt, um zu Fuß zu gehen!) Wer schließlich Emmas Mr. Darcy wird, ist nicht schwer zu erraten. Aber der Weg dahin ist ein äußerst sorgfältig und liebevoll inszeniertes, buntes Vergnügen.

Die Werbe- und Musikvideo-Regisseurin Autumn de Wilde (Beck, Florence + The Machine) inszeniert die Austen-Figuren mit keineswegs leiser Ironie. Das „Leise“ bekommt auch die Musik nicht hin – zur Freude der Zuschauer. „Emma.“ – mit bewusstem Punkt hinter dem Namen – präsentiert nicht das übliche Kostüm und Kulissen-Schaulaufen: Nein, wenn die Klosterschülerinnen im roten Umhang wie Entchen über ein Brückchen marschieren, ist das allein herrlich komisch. Hier sind die Farben so bonbon-bunt wie bei Sofia Coppolas „Marie Antoinette“. Ein wunderbarer Bill Nighy kann als Emmas Vater Mr. Woodhouse nur mit Mühen Fassung bewahren, angesichts der Albernheiten, die um ihn herum geschehen. Selbstverständlich geriet auch die Mimik vor allem von Hauptdarstellerin Anya Taylor-Joy („The Witch“, „Split“) so pointiert wie der Dialog. Doch niemals grob oder übertrieben. Das Können der Videoclip-Regisseurin zeigt sich darin, dass die Gesellschafts-Tänze, die so leicht veralbert werden könnten, dann sogar als schöner romantischer Moment funktionieren.

Letztlich muss sich die eingebildete Emma selbst alle menschliche Schwächen und Tiefen eingestehen. Darin, dass es im turbulenten Verwechslungs-Finale wieder ganz wunderbar menschelt, liegt die andauernde Attraktion Jane Austens. Dem zuzuschauen, liefert letztlich die gleiche voyeuristische Schadens-Freude wie bei anderen medialen Heiratsvermittlungen, nur wesentlich raffinierter und feiner präsentiert.


Ein FILMtabs.de Artikel