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Jojo Rabbit

Neuseeland, USA, Tschechien 2019 Regie: Taika Waititi, mit Roman Griffin Davis, Thomasin McKenzie, Scarlett Johansson, Taika Waititi, Sam Rockwell, Rebel Wilson 108 Min. FSK ab 12

Man mag ihn eigentlich nicht so recht mögen, diesen aufgeweckten blonden Jungen in der gebügelten HJ-Uniform. Er betet die Worte des Führers herunter, hält Juden für fleischfressende Monster und will unbedingt Soldat werden, um an die Front nach Italien zu reisen, wo sein Papa in seiner Vorstellung für das Vaterland kämpft. Sein bester Freund ist Adolf Hitler (Taika Waititi), der ihn als unsichtbarer Begleiter unterstützt. Doch eigentlich ist Johannes Betzler (Roman Griffin Davis), den alle Jojo nennen, ein unsicherer kleiner Junge, der sich nach seinem Vater sehnt. Im Feriencamp der Hitlerjugend bemüht er sich vergeblich, den großen Jungs nachzueifern. Stattdessen verpassen sie ihm den Spitznamen „Jojo Rabbit“.

Bei einer Granatenübung wird der Hasenfuß verletzt und landet im Krankenhaus. Damit ist der Traum von der Militärkarriere erstmal geplatzt. Doch seine liebevolle Mutter (Scarlett Johansson) setzt sich kämpferisch für ihn ein und fortan dient Jojo dem degradierten Captain Klenzendorf (Sam Rockwell) als Botenjunge. Tagsüber ist er auf sich gestellt, wenn seine Mutter mal wieder für Stunden verschwindet. Eines Nachmittags bemerkt er ungewöhnliche Geräusche im Obergeschoss ihrer Wohnung. Seltsame Schleifspuren auf dem Dielenboden wecken seine Neugier und schließlich entdeckt er ein älteres Mädchen in dem Verschlag hinter der Tapete. Elsa (Thomasin McKenzie) ist Jüdin. Seine Mutter nahm sie auf und versteckt sie in der Wand. Für Jojo bricht eine Welt zusammen, dafür öffnet sich ihm eine ganz neue. Nur seinem imaginären Freund Adolf gefallen diese neuen Entwicklungen ganz und gar nicht.

Der Auftakt von Taika Waititis „Jojo Rabbit“ ist fulminant. Der Zehnjährige springt mit dem Führer durchs Bild und erfreut sich seines Nazilebens. Doch die Adaption des Romans „Caging Skies“ von Christine Leunens ist mehr als eine alberne Nazikomödie, mehr als nur bloße Provokation. Im Kern ist „Jojo Rabbit“ eine liebevolle Geschichte über das Erwachsenwerden in schwierigen Zeiten und damit wesentlich näher an der humanistischen Erzählweise seines Regisseurs als an der Studie eines verdorbenen Geistes, die den Roman ausmacht.

Wunderbar auch die Besetzung: Scarlett Johansson, die gerade noch ihr Familienglück in „Marriage Story“ aufs Spiel setzte, blüht hier in der Rolle der Mutter auf. Sam Rockwell und Rebel Wilson umarmen ihre Rollen mit Inbrunst. Der kleine Roman Griffin Davis ist eine echte Entdeckung und glänzt unter der Regie von Taika Waititi, der sich selbst die unrühmliche Rolle des Führers verpasste.

„Jojo Rabbit“ ist ein eigenwilliger Film, in einem Moment schreiend komisch, im nächsten bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Man kann sich die Gesichter bei Disney vorstellen als sich der Familienkonzern mit der Aneignung von Twentieth Century Fox auch diesem Film stellen musste. Sechs Oscarnominierungen sind der Lohn für den Mut der Produzenten, mit „Jojo Rabbit“ ganz eigenwillige Wege zu gehen.


Ein FILMtabs.de Artikel