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Diego Maradona

Großbritannien 2019 Regie: Asif Kapadia 130 Min. FSK ab 12

Mit der Dokumentation „Diego Maradona“ wiederholt Regisseur Asif Kapadia seine Methode, die er schon bei „Amy“ (Winehouse), für die er einen Oscar erhielt, und den Rennfahrerfilm (Ayrton) „Senna“ anwandte. Er arbeitet vor allen Dingen mit Original-Material, diesmal waren es angeblich 500 Stunden. Das Ergebnis ist allerdings mit über zwei Stunden immer noch sehr lang – und vor allem selektiv in negativem Sinne: „Diego Maradona“ konzentriert sich auf die Zeit des Fußballers in Neapel. Der spätere extreme Niedergang des Argentiniers bekommt nur zehn Minuten, die schlimmsten Szenen erspart uns der Film.

Ein Film über Diego Maradona, den einige schon mal als den „besten Fußballer aller Zeiten“ bezeichnen, präsentiert selbstverständlich viele Tricks und schöne Tore, dazu haufenweise Rekorde. Dazu gehört eine Weltmeisterschaft, ein Handball-Tor und ein paar Kung Fu-Einlagen während des Spiels. Zum WM-Viertelfinale 1986 England gegen Argentinien erwähnt der Film anständigerweise auch den furchtbaren Kolonialkrieg Englands um die Falkland-Inseln, der vier Jahre zuvor hunderte Tote forderte. Ansonsten dreht sich alles um „Diego Maradona“ – in einem Maße, dass nur Fußball-Fans die zwei Stunden Film sinnvoll finden werden.

Der Regisseur basiert seinen wilden Bildermix erneut rein auf Originalaufnahmen, die teilweise nachträglich von Maradona selbst kommentiert werden. Der Bilderbogen geht von Szenen aus der Jugend des späteren Weltstars, Rückblenden zu ersten Erfolgen in Argentinien für den Club Boca Juniors, über ikonische Bilder der Fußball-Geschichte bis zur Operation des gebrochenen Knöchels in Nahaufnahme. Die interviewten Zeitzeugen, die Exfrau, die Geliebte, die ein Kind von ihm hat, seine Trainer und sein Biograf sind auch auf der Tonspur zu hören.

Die unglaubliche Begeisterung der Bevölkerung bei seinen Wechsel von Barcelona nach Neapel leitet die zentrale Geschichte ein. Die Frage nach der Rolle der Camorra bei der Finanzierung des Deals während der Pressekonferenz wird blockiert. Der erstaunte Blick des neuen Ankaufs deutet eine gefährliche Naivität an. Aus den Bodyguards der Drogen-Mafia werden bald befreundete Dealer.

Aus dem Menschen Diego wird der überforderte Star Maradona. Das ist die durchgehende Metapher um den ängstlichen Blick eines kleinen Jungen im überwältigenden Trubel. Die große Frage, wie es zu der Tragödie kam, die Maradona heutzutage verkörpert, wird damit teilweise beantwortet. So erzählt die Dokumentation ein Märchen-Mythos von Maradona, dem gefallenen Fußballgott detailversessen nach, ohne hinter die Bilderflut zu gelangen. Dabei will man plötzlich wieder die skurrile Doku „Die Hand Gottes“ von Emir Kusturica sehen, in welcher der Regisseur seine Begeisterung für Maradona hemmungslos auslebt. Das war ziemlich spinnert, aber interessanter.


Ein FILMtabs.de Artikel