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Kroos

BRD 2019 Regie: Manfred Oldenburg 119 Min. FSK ab 0

So wie es immer wieder Versuche von Intellektuellen gibt, dem sehr banalen Fußballspiel höhere Weihen zu verleihen, versucht die Sport-Dokumentation „Kroos“, die feine Kunst des Portraits mit einem Fußballer. Heraus kommt ein besserer Fan-Film für das spielfreie Sommerloch.

Die erste Szene ist direkt ein Witz: Toni Kroos putzt sich selber seine Fußballschuhe! Da sich wohl auch Real Madrid sich einen Zeugwart leisten kann, wirkt das nicht glaubwürdig. Doch der aufwändige Dokumentarfilm „Kroos“ wird das Besondere am geerdeten Weltfußballer Toni Kross zeigen.

„Kross“ feiert nicht simpel den Fußball ab. Er fängt journalistisch distanziert etwas von der Fan-Begeisterung, zum Beispiel rund um das Bernabeu-Stadion in Madrid, ein. Selbstverständlich gibt es reichlich Spiel- und Spieler-Analysen von irgendwelchen „Experten“ wie dem Pop-Star Robbie Williams bis zu Zidane und dem Bundes-Jogi Löw. Selbstverständlich sagen Kollegen, dass er einer der wichtigsten Spieler der Mannschaft sei. Dass man das Besondere an ihm nicht sehen könne, bestätigt dieser Film auch. Die Spiel-Aufnahmen von Kroos sind wenig spektakulär. Dass ihn genau diese unaufgeregte Überlegtheit auszeichnet, wird ebenfalls erklärt. Die erstaunliche Ruhe von Kross’ nimmt einen großen Teil des Portraits ein.

Das Team von Manfred Oldenburg, das Kross auf den Fuß folgen durfte, bekommt einige Prominenz vor die Kamera: Zinédine Zidane, Pep Guardiola, Uli Hoeneß, der pummelige Popsänger Robbie Williams, der sich mit Profi-Fußballern vergleicht, bis zu Jupp Heynckes, der tatsächlich substantielle und tiefgründige Sachen äußern kann. Eindrucksvoller als dieses Außenbild ist, wie Kroos die Medien- und Marketing-Termine abhandelt, selbst für die Kamera die Klappe schlägt und da Tempo macht. Richtig treffend dann das Jubelbild beim WM-Sieg mit Kanzlerin in der Kabine: Kroos ist auf den ersten Blick nicht zu sehen, er zieht sich im Hintergrund ganz für sich die Schuhe aus. Großartig auch die Aufnahme im Flieger nach dem letzten Champions League-Sieg: Toni Kroos ist viel mehr bei seinem schlafenden Kind als beim Riesen-Pokal, der daneben steht.

Bei den Eltern, Großeltern und ganz alten Film-Aufnahmen aus der Kindheit menschelt es dann heftig. Hier kommt das Privatleben rein, das Toni ansonsten erfolgreich von der Öffentlichkeit abschirmt. Der Film wagt sich psychologisch am weitesten heraus wenn Kroos die Abwesenheit eines Vaters, der nicht gleichzeitig Trainer ist, bemängelt, und Robbie Williams den Fußball als seinen Vater bezeichnet. Tränenreiche Aufnahmen von der Hochzeit belegen den sehr geerdeten Familienmenschen.

Regisseur Manfred Oldenburg hat Erfahrung mit dem Genre, er realisierte die Doku „Das Wunder von Bern – Die wahre Geschichte“ und „Wembley 1966“. „Kroos“ ist nun ein nicht besonders eleganter Mix aus Fußball(er)-Geschichte und privatem Porträt. Für Fans interessant, für andere Menschen nicht gut genug.


Ein FILMtabs.de Artikel