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Long Shot

USA 2019 Regie: Jonathan Levine, mit Charlize Theron, Seth Rogen 125 Min. FSK ab 12

Romantisch, umwerfend komisch und auch noch subversiv politisch: Die freche Komödie „Long Shot“ mit Charlize Theron („Atomic Blonde“, „Tully“) und Seth Rogen („Bad Neighbors 2“, „Sausage Party“) ist eine großartige Überraschung im Mainstream-Kino.

Stellen Sie sich vor, sehr intime Bilder eines Herrn Joachim Sauer geraten an die Öffentlichkeit und trotzdem wird seine große Liebe Angela Merkel genannt, Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Das will man sich auf keinen Fall vorstellen, aber genau das erzählt „Long Shot“ und den will man unbedingt sehen.

Charlotte Field (Charlize Theron), die attraktive Außenministerin der USA, wird von der Presse immer wieder auf Äußerlichkeiten reduziert. Dabei versucht sie äußerst klug und engagiert, eine weltweite ökologische Krise zu verhindern. Ihr dämlicher Präsident kuckt sich derweil immer wieder die Fernsehserie an, in der er den Präsidenten spielte. Weil er jetzt einen schwierigeren Job machen will, nämlich in Kinofilmen spielen, wittert Charlotte Field ihre Chance. Und stellt gleichzeitig den völlig unangepassten Fred Flarsky (Seth Rogen) als Redenschreiber ein. Seine altmodischen Cargohosen und die farblich unbeschreiblichen Lycra-Jacken fallen genauso aus dem System wie sein Drogenkonsum und das permanente Fluchen.

Aber Fred hat nicht nur genau den jugendlichen Humor, der Charlottes Reden und Leben fehlte, er steht auch auf sie, seit sie einst sein Babysitter war. Dazu ist er der einzige in Ihrer Umgebung, der wirklich etwas bewegen und die Welt retten will. Sie verstehen sich politisch, haben den gleichen Humor. Klar, dass da bei einer Welt-Tournee in Sachen Ökologie die latente Highschool-Liebe heftig aufflammt.

Um das Kopfkino zu „Long Shot“ geografisch und politisch richtig zu verorten: Seth Rogen spielt hier die Rolle von Marilyn Monroe und Charlize Theron den John F. Kennedy. Diese Paarung ist schon von ihren üblichen Rollen her höchst unwahrscheinlich, stellt sich aber als größte Ãœberraschung der bisherigen Kinosaison heraus: „Long Shot“ nimmt den heutzutage obligaten anzüglichen Humor und macht daraus eine peppige Romantische Komödie, die auch noch eine Utopie von ehrlich engagierter Politik entwirft. So ist es erst mal ein herrlich komischer Knaller, wie Theron als Außenministerin völlig bekifft ein Geiselnahme mit einem feindlichen Regierungs-Chef erfolgreich verhandelt. Wie sie ihre Kandidatur verkündet, gleichzeitig den Präsidenten als Marionette eines Medien-Moguls bloßstellt und verkündet, dass der bald explizite Filmchen ihres masturbierenden Freundes Fred ins Internet stellen wird – das sprengt die Vorstellungskraft und alle Filmgenres.

„Alle lieben Mary“ trifft auf „Ein Herz und eine Krone“, Romantik von 1953 auf schmuddeligen Humor von heute. Wobei die Geschlechterrollen vertauscht sind. Komödiant Seth Rogen ist der emotionale Chaot im Stile von Doris Day, Theron gibt den kontrollierten Machtmenschen, der sich höchstens einen Flirt mit dem sehr charismatischen und jungen kanadischen Premierminister erlaubt. Freds letztliche Erkenntnis lautet dann auch, die beste Sache sei nicht, für eine bessere Welt zu kämpfen, sondern eine starke Frau zu unterstützen.

Regisseur Jonathan Levine zeigte schon bei „Mädelstrip“ mit Amy Shumer und Goldie Hawn sowie bei „50/50: Freunde fürs (Ãœber)Leben“ mit Seth Rogen, dass auf der Basis anzüglicher Blödel-Komödien auch Ernstes und Bewegendes erzählt werden kann. „Long Shot“ hat er so glaubhaft inszeniert, dass die verrückten Albernheiten, die solche Filme ansonsten retten, diesmal fast stören. Aber sie verhindern auch, dass die Emotionen in Kitsch abkippen. Charlotte und Fred jetten von Kontinent zu Kontinent, doch sie verlieben sich ganz bodenständig ineinander. Dabei gewährt ihnen die Inszenierung keine Weichzeichner – weder ästhetisch noch inhaltlich. Auch wenn Fred irgendwann entdecken muss, dass sein bester Freund Republikaner und auch noch gläubig ist, „Long Shot“ begeistert mit dem ganz schön komischen Märchen von Politikern, die ganz ehrlich und offen am erfolgreichsten sind.


Ein FILMtabs.de Artikel