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Edie – Für Träume ist es nie zu spät

Großbritannien 2018 (Edie) Regie: Simon Hunter, mit Sheila Hancock, Kevin Guthrie 102 Min. FSK ab 0

Es ist nie zu spät, sagt der fremde Mann vom Imbiss. Ja, es hat sich herumgesprochen, auch im Kino, dass es den echt guten Film nicht im falschen Leben geben kann. Oder besser: Nur danach.

Die 83-jährige Edie (Sheila Hancock) bricht alleine auf, um den Mount Suilven in den schottischen Highlands zu erwandern. Nach 30 Jahren Pflege ihres Mannes, der sich dem Streit über genau diese Reise mit einem Hirnschlag entzogen hat. Es ist schon etwas gemein konstruiert, dass gerade in Moment, in dem sich Edie an die verlorene Vergangenheit erinnert, der Ehemann und Pflegefall nebenan praktischerweise dahinscheidet.

Egal, es muss weitergehen, weil die Tochter schon ein Pflegeheim ausgeschaut hat. Mit altmodischem Rucksack und Trolley kommt Edie in Inverness an. Diese weniger verrückte Ausführung der üblichen störrischen Alten, die aus dem Fenster steigen und die Kinokassen klingeln lassen. Jonny (Kevin Guthrie), der junge Mann, der sie zur Begrüßung am Bahnhof umrennt, erweist sich als ein ebenso untalentierter wie unfreundlicher Bergführer in einem völlig überfüllten Touristenort. Sein schmieriger kleiner Bruder schwatzt ihn Edie samt vorherigem Training nämlich wider Willen auf. Während sie selbst bei der Anfahrt durch die Traum-Landschaft ihrer letzten Jahrzehnte einschläft, schwelgt die Kamera in tollen Naturaufnahmen. Das Filmorchester gab den Streichern dabei eine Sonder-Zulage.

„Edie“ würde man auf Englisch „Buddy Movie“ oder „Odd Couple“ nennen: Hier passen zwei zwar überhaupt nicht zusammen, aber verbringen doch den ganzen Film miteinander. Dass Edie und Jonny sich anfreunden, ist der eigentliche Gifel des Films. Die Befreiung erledigte Gevatter Tod bereits für Edie, trotzdem muss sie weiterhin gegen Bevormundung kämpfen, weil ihr keiner zutraut, dass sie es in ihrem Alter alleine auf den 731 Meter hohen Monolith schafft. Statt diese Gipfelwanderung in den letzten dreißig Minuten nur zu einem dramatischen Abenteuer zu machen, lässt sich der Film auch mal treiben. Und die Natur wirken. Was sein größtes Kunststück ist.


Ein FILMtabs.de Artikel