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Niemandsland – The Aftermath

USA, Großbritannien, BRD 2018 Regie: James Kent, Keira Knightley, Alexander Skarsgård, Jason Clarke, Jannik Schümann 109 Min. FSK ab 12

Das edel ausgestattete Nachkriegs-Melodram „Niemandsland“ ist ein Trauer-Spiel im besseren Sinne: In der Trümmern Hamburgs finden sich die Trauer der Sieger und der Besiegten unter dem Dach einer Elb-Villa.

„Das sind komische Leute, halte dich lieber von ihnen fern!“ Die Handlungsanweisung eines englischen Kindes könnte heute auf „Flüchtlinge“ gemünzt sein, meinte aber 1946 die Deutschen. Im immer wieder unfassbar zerbombten Hamburg finden sich noch Leichen und Granaten in den Trümmern. In der Bevölkerung, die ja von nichts was gewusst hat, verstecken sich noch Werwolf-Kämpfer, dich sich „88“ für „Heil Hitler“ in den Arm ritzen. Der britische Oberstleutnant Lewis (Jason Clarke) soll diese zerstörte Stadt wiederaufzubauen. Er gehört zu den Leuten, die dem ehemaligen Feind mitfühlend gegenübertreten. Seine Kollegen schießen Flüchtenden auf dem Schwarzmarkt lieber in den Rücken. Die Begrüßung seiner Frau Rachel (Keira Knightley) fällt jedoch sehr distanziert aus. Nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes im deutschen Bombardement auf London fand das Paar nicht mehr zueinander.

Nun sind sie außerhalb der zerbombten Stadt in einer luxuriösen Elb-Villa untergebracht. Dem ehemaligen Besitzer, dem verwitweten und kultivierten Architekten Stefan Lubert (Alexander Skarsgård), begegnet Rachel frostig, es ist ja nur noch so ein mörderischer Nazi. Seine Tochter Freda (Flora Thiemann) läuft sogar noch in der Uniform der Hitler-Mädels rum. Erst zickt Rachel rum, weil sie Tee und eine kuschelige Wohnung nur für sich haben will. Dann findet sie beim trauenden Deutschen, dessen Nazi-Vergangenheit noch nicht geklärt ist, mehr Verständnis als beim verschlossenen Gatten.

Alles in „Niemandsland“ um die Villa an der Elbe sieht gut aus. Besonders das Wohnzimmer mit dem Liegesessel von Mies von der Rohe. Allein dieser Raum erzählt von einer Gesellschaft zwischen hölzerner Tradition und Moderne. Was fehlt und in allen deutschen Wohnzimmern einen hellen Fleck auf der Tapete hinterließ, ist das Porträt Hitlers. Der Steinway im Wohnzimmer dient als Katalysator für Erinnerungen an die Verstorbenen in beiden Familien. Sein Klang verbindet im besseren Moment des Films alle im gleichen Leid.

Eine Handvoll Positionen sind mit dem guten und dem bösen Deutschen, mit dem unverzeihlichen und dem gnädigen Engländer besetzt. Das psychologische Drama ist übersichtlich: Um eine Zukunft zu haben, reicht es nicht, edel und anständig zu sein, man(n) muss sich für die eigenen Verluste öffnen. Lewis, der „Lawrence of Hamburg“ verdrängt nicht nur Schmerz der Trauer, auch Gespräche drüber verweigert er.

„Niemandsland“ ist von Jason Clarke, Skarsgård und der Knightley gut gespielt, dazu eine satte Inszenierung, die Zeit lässt, sich psychologischen Details aus dem gleichnamigen Roman von Rhidian Brook zu widmen. Aber es bleibt ein Gefühl, dass die komplexe Situation des frischen Friedens zugunsten des Melodrams ungeschickt gerafft wurde.


Ein FILMtabs.de Artikel