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Der verlorene Sohn

USA 2018 (Boy erased) Regie: Joel Edgerton mit Lucas Hedges, Nicole Kidman, Russell Crowe, Joel Edgerton 115 Min. FSK ab 12

Die „Love in Action“-Einrichtung in Memphis, im US-Bundesstaat Tennessee, wirkt wie ein Relikt archaischer Zeiten. Dabei ist es gerade mal 15 Jahre her, als sich Garrard Conley hier selbst auscheckte. Seine Eltern hatten ihn hierher gebracht. Vor allem sein Vater, ein Baptistenpfarrer, konnte es nicht hinnehmen, dass sein Sohn Männer liebt. Homosexualität gilt auch unter gläubigen Baptisten immer noch als Krankheit, eine Sünde von der man gereinigt werden muss. So auch im Hause von Pfarrer Marshall (Russell Crowe) und seiner treu ergebenen Frau Nancy (Nicole Kidman). Als Garrard (im Film Jared, Lucas Hedges) ihnen gesteht, dass er schwul ist, vertraut sein Vater auf den Rat des Konzils. Er schickt Garrard in eine „Umerziehungsanstalt“ für Homosexuelle. Der 19-jährige ist verwirrt und lässt sich auf die „Therapie“ des windigen Leiters Victor Sykes (Joel Edgerton) ein. Er beobachtet die erniedrigenden Maßnahmen an seinen Mitschülern, wie jeder einzelne versucht, mit der Situation umzugehen. „Der verlorene Sohn“, die Adaption der Aufzeichnungen Conleys, konzentriert sich auf diese Beobachtungen. Er nimmt das krankhafte Vertrauen in Gott wahr, zeigt die unmenschlichen Bedingungen in der Einrichtung aber nur im Ansatz. Im Grunde sind alle seine Figuren nur hilflos rudernde im Meer des Lebens. Lucas Hedges bietet den ruhigen Pol des Films. Wie zuletzt in „Ben is back“ strahlt er eine Aufrichtigkeit aus, die den Zuschauer sofort für seine Figur einnimmt. Dagegen wirken gestandene Charakterdarsteller wie Crowe und Kidman blass. „Der verlorene Sohn“ ist ein wichtiger Film vor allem für die amerikanische Gesellschaft, in der Homosexuelle von der christlich geprägten Mehrheit nicht toleriert werden. Der heimische Kinozuschauer schaut drauf und wundert sich, auch über die bisweilen doch recht hüftsteife Inszenierung.


Ein FILMtabs.de Artikel