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The Death of Stalin

Großbritannien, Frankreich 2017 Regie: Armando Iannucci mit Steve Buscemi, Simon Russell Beale, Paddy Considine, Rupert Friend 108 Min. FSK ab 12

Ein Philharmonie-Konzert in Moskau endet am Abend des 2. März 1953 mit warmem Applaus in kultureller Glückseligkeit. Da klingelt im Regie-Raum für die Radio-Ãœbertragung das Telefon und schon die Reaktion auf diesen Anruf des sowjetischen Diktators Josef Stalin zeigt, in welcher Panik dieses Land vor den Todeslisten des Massenmörders war. „The Death of Stalin“ wird zwar herrlich zeigen, wie die unbeugsame Stimme eines Opfers – in dieser Interpretation – den Diktator umbringt. Aber „nebenbei“ sterben in diesem Film auch Tausende. Mit ein paar dummen Scherzen werden Todesurteile reihenweise unterzeichnet, überall fallen Todesschüsse und rollen Leichen herum.

„The Death of Stalin“ basiert auf der Graphic Novel „La Mort de Staline“ von Fabien Nury und Thierry Robin (Illustration). Und „graphic“, also drastisch, sind vor allem die Ereignisse nach Stalins Tod in dieser makabren, blutig schwarzen Geschichts-Farce: Den Kampf um die Macht, um den Posten des Generalsekretärs der UdSSR, treten haufenweise mörderische Witzfiguren an.

Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi) eilt im Pyjama unter dem Anzug herbei, als der Tyrann nach einem Schlaganfall noch im eigenen Urin auf dem Teppich liegt. (Dass der Schuhklopfer Chruschtschow das Rennen machen wird, sollte kein Spoiler sein.) Doch keiner aus dem inneren Kreis der Macht, keiner der Minister und Parteisekretäre traut sich, einen Doktor zu rufen. Denn die fähigen Ärzte sind alle umgebracht worden. Noch bevor Stalin seinen letzten Atem ausgehaucht hat, beginnen die Ränkespiele und die taktischen Schachzüge um die Nachfolge als grausames Kasperletheater. Der brutale Folterer und Vergewaltiger Geheimdienstchef Lawrenti Beria (Simon Russell Beale) holt eilig die misshandelte Frau von Außenminister Wjatscheslaw Molotow (Michael Palin) aus dem Gefängnis, in das er sie kürzlich selbst gesteckt hat. Generalsekretär Georgi Malenkow (Jeffrey Tambor) hatte sich beim Besäufnis am Abend vorher selbst auf die Abschussliste gebracht, nun ist er offiziell Nachfolger und muss die Trauerzeremonie leiten. Der größte Depp, hat das Sagen, auch wenn er nicht weiß, was er sagen soll. Chruschtschow und Beria zanken sich derweil wie ungezogene Kinder.

Britische und amerikanische Film- und Theaterstars bestücken diese Farce vor schrecklichen historischen Hintergrund herrlich komödiantisch und deftig. „Wie kannst du rennen und gleichzeitig intrigieren?“ ist einer der albernen Bemerkungen. In ihren besten Momenten könnten Dialoge und absurde Situationen auch bei Tarantino auftauchen. Bei allen (un-) möglichen Handlungen bleibt ja am Ende immer noch die Möglichkeit, jemanden zu erschießen. Und damit kennen sich diese Leute aus. Kleine Geister, die vor lauter Gewöhnung aus Buckeln und Kriechen zu keiner vernünftigen Handlung mehr in der Lage sind.

„The Death of Stalin“ ist zeitweise umwerfend komisch. Nicht im Sinne Lubitschs „witzig“ mit großem Herzen für Menschen. Aber wahrscheinlich lacht man besser über diese Monster, als mit ihnen zu fühlen. Es ist eine makabre Geschichtsstunde, die in diesem Makabren durchaus unterhaltsam ist. Ein besonderer Erkenntniswert in Bezug auf aktuelle politische Situationen wurde jedoch nicht entdeckt. Erschreckend dann nur noch mal der Abspann mit lauter ausradierten Gesichtern und Existenzen.


Ein FILMtabs.de Artikel