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Shape of Water

USA 2017 Regie: Guillermo del Toro mit Sally Hawkins, Michael Shannon, Richard Jenkins, Doug Jones 123 Min. FSK ab 16

Der Goldene Löwen bei den Internationalen Filmfestspielen Venedig 2017. 13 Oscar-Nominierungen, unter anderem für Bester Film (Guillermo del Toro und J. Miles Dale), Beste Regie (Guillermo del Toro), Beste Hauptdarstellerin: Sally Hawkins, Beste Nebendarstellerin: Octavia Spencer, Bester Nebendarsteller: Richard Jenkins sowie Bestes Originaldrehbuch: Guillermo del Toro und Vanessa Taylor. Das wären schon mal ein paar Argumente für den wunderbaren „Shape of Water“!

Wie so oft – „Pans Labyrinth“, „Hellboy“ – begibt sich Guillermo del Toro zurück in die Welten des (Alb-) Traums und der populären Mythen. Sie lauern überall, zum Beispiel genau unter der Wohnung der gehörlosen Putzfrau Elisa (Sally Hawkins) im riesigen Kino, das gerade einen monumentalen Römerfilm zeigt. Es sind die 60er-Jahre, es herrscht Kalter Krieg. Elisa putzt jede Nacht in einem geheimen Hochsicherheitslabor der US-Regierung. Ein wahrlich stilles Leben mit kleinen Freuden wie der morgendlichen Selbstbefriedigung in der Badewanne und dem väterlichen Freund, dem Werbemaler Giles (Richard Jenkins) nebenan. Bis mit einer großen Metalltruhe etwas Besonderes ins Labor transportiert wird. Da Putzfrauen für die dortigen Herren der Schöpfung nahezu unsichtbar sind, verfolgt Elisa ganz nahe, wie ein in Ketten gelegtes Wasserwesen mit Elektroschocks gefoltert wird. Sie muss auch die Sauerei wegwischen, als dem Quäler ein paar Finger abgebissen werden.

Die stumme Frau fühlt sich direkt zum geheimnisvollen Wesen hingezogen und verlegt einfach mal ihr Frühstück an den Rand des Wasserbeckens. Elisa teilt nicht nur ihr hart gekochtes Ei mit dem scheuen Aqua-Mann, sie bringt ihm auch ihre Zeichensprache bei. Eine besondere Romanze könnte beginnen, doch das Militär will das vermeintliche Monster möglichst schnell sezieren.

Der Mustermann der USA der 60er ist der Militär Strickland (Michael Shannon). Einerseits ziemlich schräg, wenn er Händewäschen nach dem Pinkeln als Schwäche empfindet oder seine Frau beim Sex am liebsten stumm mag. Aber auch ganz mörderisch als Gesicht von Militarismus und Kolonialismus. Strickland will Unbekanntes erst einmal töten. Einer der entlarvenden Sätze seiner Spezies lautet: „Wir exportieren Anstand, weil wir ihn selbst nicht gebrauchen können.“ Der Bezug zum Amerika von Trump ist unüberhörbar, auch wenn das Wesen vom Amazonas dort wegen irgendwelcher Ölbohrungen im Weg war. Nun will Elisa ihren neuen Freund aus dem Labor entführen. Hilfreich dabei ausgerechnet ein russischer Spion.

Monster- und Liebesgeschichte. Typisch für Guillermo del Toro, der schon früh in „The Devil’s Backbone“ (2001) und dann in „Pans Labyrinth“ (2006) den Franco-Faschismus mit Geister-Welten zusammenbrachte. Nun kommt aus dem Kino, aus Jack Arnolds B-Monsterfilm „Der Schrecken des Amazonas“ (1954), ein Fremder oder vielleicht gar ein Gott, der die einfache Putzfrau Elisa aus ihrer kleinen, wenn auch poetischen Existenz befreit. „Shape of Water“ ist dabei von den ersten Bildern eines Traums der wundervollste Film seit langem. Keine Ãœberraschung beim so einzigartig fantastischen Regisseur, Autor und Produzent del Toro. Aber jedes Mal wieder betörend und beglückend. Sally Hawkins beeindruckt erneut, nach „Maudie“ oder „Happy Go Lucky“, in einer dieser Rollen, die nur für sie geschaffen scheinen. Ihre Elisa ist grandios in der Ãœberzeugung, das Richtige zu tun. Dass dabei eine rassistische, frauen- und schwulenfeindliche Welt sehr exakt entlarvt und überwunden wird, macht dieses Märchen der populären Kultur zu einer gleichzeitig klug politischen Erzählung.


Ein FILMtabs.de Artikel