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Jacques – Entdecker der Ozeane

Frankreich, 2016 („L’Odyssée“) Regie: Jérôme Salle mit Lambert Wilson, Pierre Niney, Audrey Tautou 122 Min. FSK: ab 6

Nein, Bill Murray ist in „Die Tiefseetaucher“ („The Life Aquatic with Steve Zissou“, 2004) einfach der bessere Jacques Cousteau. Doch das Bio-Pic „Jacques“ über den weltberühmten französischen Meeres-Grzimek zeigt gekonnt die Faszination der Meere, das (Fast-) Scheitern eines Traums und die Familien-Tragödie von Jacques-Yves Cousteau. Der Kapitän mit der roten Mütze war seit den Sechziger Jahren weltbekannt: Was heute atemberaubende Dokumentationen der BBC vom Leben auf und unter Wasser zeigen, hat er als Pionier mit selbstgebauten Atemgeräten, Unterwasserkameras und Scootern für Taucher erst möglich gemacht.

1949 entscheidet sich der wohlsituierte Marine-Kapitän Jacques Cousteau (Lambert Wilson) mit seiner Frau Simone (Audrey Tautou), den sicheren Job aufzugeben, um mit dem eigenen Forschungs-Schiff Calypso zur Expedition der Ozeane aufzubrechen. Die beiden Söhne bleiben im Internat zurück. Jahre später schließt sich der erwachsene Philippe Cousteau (Pierre Niney) der Calypso-Truppe an: Vater Jacques ist zu einem internationalen Filmstar und gefeierten Produzenten geworden. Simone, die einst ihren Schmuck für die Calypso opferte, hängt mittlerweile an der Flasche und lebt wegen der Affären ihres Mannes nur noch auf dem Schiff. Obwohl es viele Preise auf den Filmfestivals gab und Cousteau einem US-Sender gleich eine ganze Serie von Filmen verkaufte, leidet sein Imperium mit Forschungs-Abteilung, Unterwasser-Stadt und mehreren Schiffen immer unter Geldmangel. Deshalb fängt er auch schon mal zwei Robben, um bei seiner eitlen Selbstinszenierung eine rührende Lügen-Geschichte mit Tieren vor die Kamera zu bringen.

Philippe trennt sich darauf vom Vater und macht mit seiner Frau eigene Filme über die Verschmutzung der Meere und die Ausrottung der Wale. Erst spät, als der Vater wirklich vor dem Ruin steht, reisen sie zusammen in einer Himmelfahrtsaktion in die Antarktis. Diese Expedition unter ökologischen Vorzeichen versöhnt beide in der gemeinsamen Leidenschaft für eine eindrucksvolle Natur.

„Jacques“ ist viel mehr als die übliche konventionelle Doku über eine Galionsfigur der Meeresforschung. Wie der zweite Sohn Jean-Michel Cousteau, dessen Buch „Mon père, le commandant“ dem Film zugrunde liegt, völlig vernachlässigt wird, bleibt im Hintergrund. Der Vater-Sohn-Konflikt mit Liebling Philippe reicht als Familien-Drama aus. Lambert Wilson („Matrix Reloaded“) spielt mit langer Nase glaubwürdig den Visionär, der bei der Verwirklichung seines Traums, „unter Wasser zu fliegen“, völlig die Bodenhaftung verliert. Selbstverständlich nehmen Unterwasseraufnahmen viel Raum ein, und tatsächlich können sie in dieser sorgfältigen Produktion selbst angesichts der heutigen Flut von aufwendigsten Naturfilmen noch beeindrucken. Der wunderbare Familienausflug zu viert unter Wasser ist dabei prächtige Natur und Glücksmoment in einem. Eine heile Welt, die für eine Jagd nach Visionen geopfert wurde.


Ein FILMtabs.de Artikel