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Illuminati
USA 2009 (Angels & Demons) Regie: Ron Howard mit Tom Hanks, Ewan McGregor, Stellan Skarsgård 138 Min. FSK: ab 12
Fürchtet euch nicht! Dies sei vorneweg gesagt: „Illuminati“, Teil zwei der kulturhistorischen Schnitzeljagd von Bestseller-Fließband-Schreiber Dan Brown, ist recht unterhaltsam und weit von der filmischen Katastrophe „The Da Vinci Code“ entfernt. Tom Hanks wird nicht Papst und auch Armin Mueller-Stahl erhält für seine Routine nur  begrenzte Leinwandzeit. Dafür kommt in Rom italienisches Design vom Barock-Architekten Bernini bis zu den geschwungenen Linien der Lancia schön ins Bild. Und Ewan McGregor wechselt seine Glaubensrichtung opportunistisch von Jedi-Ritter zu Papst-Anwärter. Der Titel „Kirchen-Skandalfilm“ bleibt jedoch vakant, wohl bis zur „Päpstin“ von Sönke Wortmann.
Der Papst ist tot, die vier möglichen Nachfolger wurden entführt und irgendwo im Vatikanstaat ist hochexplosive Antimaterie versteckt. Da kann nur einer helfen: Captain James T. Kirk! Falsch. Zwischen den Polen Wissenschaft und Kirche, Fortschritt und Tradition, Aufklärung und Glauben spannt Autor Dan Brown seinen recht schematischen aber doch spannenden Rätsel-Thriller um die Figur des amerikanischen Schlüssel-Dienstlers Robert Langdon (Tom Hanks). Dieser Alles-Erkenner wird ausgerechnet von der Katholischen Kirche zu Hilfe gebeten. Dabei erkennt er in Rom schnell ein Kompetenz-Gewusel zwischen den Schweizer Garden, der Vatikan-Polizei und den regulären italienischen Ordnungshütern. Die konkurrierenden Strömungen hinter den Vatikan-Mauern bleiben einstweilen undurchschaubar – selbst Robert Langdon lässt sich von den Meistern der Vernebelung täuschen.
Während also in der Sixtinischen Kapelle ein neuer Papst gewählt werden soll, richtet ein Schurke stündlich eine der Geiseln hin. Ein unauffälliger, doch hintertriebener Durchschnittstyp mit Brille fährt mit seinem VW-Bulli durch die Heilige Stadt und lässt seine Opfer symbolträchtig an verschiedenen Stellen ab. Die jämmerlichen Entschuldigungen, weshalb der Mörder ja gar nichts für seine Taten kann, sind ebenso Brown-typisch wie die verrätselte Fährte, die von den Bösewichten ausgelegt wird. In Zeiten, da man sich Sprengstoff-Gürtel umschnallt und keine verschlüsselten Gedichte schreibt, wenn man massenmorden will, wirkt dies eher albern. Aber dies ist halt Dan Brown, man kauft es (ihm ab) oder man lässt es bleiben.
Dem furchtbar ermüdenden Puzzeln und Schnitzeljagen des ersten Teils geht hier früh genug die Luft aus. So verschont uns der Film auch recht bald mit den kulturhistorischen Lerneinheiten. Die touristischen Stadtrundfahrten durch Rom – die andere Filme reizvoller präsentieren – sind irgendwann frei von Fachwissens-Details über Bernini, West-Ausrichtung der Stadt oder dem Heidnischen im Fundament der katholischen Kirche.
Tom Hanks läuft meist auf Autopilot. Höchstens Details seiner Figur, etwa der Blick auf die Mickey Mouse-Uhr inmitten italienischer Kunstschätze, und etwas trockener Humor können erheitern. Seine weibliche Begleiterin Vetra (Ayelet July Zurer) erregt als Vertreterin der Wissenschaft kein emotionales Interesse, bleibt reine Stichwortgeberin und Übersetzerin eines Fachmannes für Kirchengeschichte, der kein Latein und damit Italienisch kann. Dies ist nur einer der unglaublichen Klopse des Buches, das angetrieben wird von einen Kanister mit Antimaterie, dessen Magnetfeld nur ein paar Knopfbatterien aufrecht erhalten! Nur der Obi Kenobi der katholischen Kirche, der ehemalige Jedi-Ritter Ewan McGregor, beeindruckt als Verwalter der päpstlichen Autorität vielschichtig.
Während Ron Howard die Szenen um die wissenschaftlich hochspannenden Atomkollisionen im neuen CERN bei Basel recht behäbig inszeniert und auch in der Hetze durch Rom keine Geschwindigkeitsrekorde im Action-Kino brechen will, gelingt im Finale eine großartige Mischung aus Rettung in letzter Minute, himmlischer Erscheinung und Kinobildern, die wie ein gewaltiges Ölgemälde wirken. Man kann den Film infolge der nachgelieferten Entschlüsselung auch als Warnung vor falschen Propheten, vor inszenierten (Religions-) Konflikten und künstlich erzeugter Frontbildung lesen. Eine nette Verschwörungstheorie, die jedoch nur leicht wie Hauch Blattgold auf dem kompakten Kern aus Popkorn-Kino haftet.
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- Publiziert von:
- Günter H. Jekubzik, 10.05.2009 / 9:35
- Rubrik:
- Kritiken GHJ
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