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Die Herzogin

Die Herzogin
USA 2008 (The Duchess) Regie: Saul Dibb mit Keira Knightley, Ralph Fiennes, Charlotte Rampling 110 Min. FSK: ab 12

Kostümfilme sind per definitionem veraltet. Dürfen sie, solange sie nicht verstaubt sind, wenn die meist zu sauberen Kostüme auch Leben durchlassen. Sofia Coppola machte aus „Marie Antoinette“ eine Art Barbie Punk. Und jetzt spielt Keira Knightley eine Urahnin von Lady Di, die historische Figur Georgina Cavendish, Herzogin von Devonshire (1757-1806). Die geht allerdings nicht als stolze Herrscherin zugrunde, sondern leidet als Madame Bovary mit umgekehrten Vorzeichen still an Lieb- und Machtlosigkeit.

Da geht einem das Herz auf, bei diesen jungen, spielenden Menschen in sattem Grün. Ein ungezwungenes Spiel in der Natur, fast kindlich, wäre da nicht das harmlose Flirten. Auch der kalte Blick eines werbenden Herzogs vermag die Freude der jungen Georgina nicht zu trüben. Sie freut sich über eine sehr gute Heirat, über seinen guten Stand, fragt naiv, ob er sie liebe.

Schön gesetzte Bilder, in satten Farben symmetrisch begleiten Georgina auch beim Einzug auf das Schloss des Herzogs. Den (Film-) Titel „Die Herzogin“ erhält die junge Georgina erst im Moment der Vereinigung, wenn die Ehepartner erstmals zusammen im Bild zu sehen sind. Doch bald wirkt Georgina einsam und verloren in den langen Fluchten der reichen Räume und blinkenden Spiegel. Der mächtige, in starren Traditionen verhaftete Herzog will nur einen Erben zeugen, redet nicht mit seiner Frau, geschweige von Gefühlen. Der kalte Machtmensch verfolgt den Wahn, sich in „eigenem Fleisch und Blut“ fortzupflanzen, bis zur Vergewaltigung.

Da Georgina zwar Töchter gebiert, aber keinen Jungen, verachtet er sie mit extremer Kälte. Doch das ist nicht genug der Erniedrigung, der Herzog nimmt sich sogar die beste Freundin von Georgina als Geliebte. Deren persönliche Qualitäten liegen darin, Jungen zu werfen. In einem der angreifendsten Momente lässt Keira Knightley mitfühlen, wie selbst die tapferste, klügste und kompromissbereiteste Frau von einem Übermaß an Verständnislosigkeit, mangelndem Einfühlungsvermögen und blindem Eigeninteresse gebrochen werden kann. Erst soll sie ihm nur einen Erben gebären. Dann muss sie ihrer wahren Lieben entsagen und auch noch dessen Kind weggeben. Während er sich nach Bedarf eine Geliebte ins Haus holt und diese selbstverständlich mit am Tisch essen lässt.

Knightley, die ja generell historisch gut spielt, ob in „Stolz und Vorurteil“ oder als Piratenbraut, gibt eine überzeugende Identifikationsfigur. Sympathisch und in all den eindrucksvollen Kostümen sehr lebendig. Ihre Georgina sucht immer wieder Rat bei der Mutter – voll bitterer Würde grandios gespielt von Charlotte Rampling. Ralph Fiennes spielt eine bittere, in Ansätzen tragische Gestalt. Aber bei diesem sehr gelungenen Film von Saul Dibb, lohnt es sich besonders auf die Bildkompositionen und die Räumlichkeiten, das Gegenüber von Natur und Innenraum zu achten. Wie im Lehrbuch, zwängt das Bild Georgina ein, platziert ihre Gefühle in engen Rahmen.

Die Musik, die Blicke legen eine versöhnliche Note über das Ende, aber auch einen weiteren bitteren Hinweis. Wie in der Eingangsszene wird draußen auf grünem Rasen gespielt. Doch nun ist es ein angelegter Garten mit strengen geometrischen Strukturen, die es Georgina und den Kindern nur noch erlauben, in festen Bahnen zu laufen, im Kreis. Wer sich damit versöhnen kann, mag es tun. Man kann es auch als schwer erträgliches Sinnbild einer grausamen Vergesellschaftung eines freien Wesens betrachten.


Ein FILMtabs.de Artikel