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Gut gebrüllt

Ehrenleopard von Locarno für Wim Wenders

Locarno. Aus dem Ehrentag für Wim Wenders wurde ein großes Spektakel. Auf der völlig überfüllten Piazza-Grande, dem Open Air-Kino des Internationalen Filmfestivals von Locarno (3.-13.8.2005), erhielt Wim Wenders Samstagabend einen Ehrenleoparden für sein Schaffen und wurde gleich vor lauter Freude zum Super-Leoparden.

Vor 18 Jahren lief auf der Piazza Grande zur 40.Ausgabe des Festivals “Der Himmel über Berlin”. Nun war Wenders im Himmel von Locarno. Sicher 12.000 Zuschauer wollten seinen neuen Film “Don’t come knocking” sehen. 9.000 fasst die Piazza vernünftigerweise, hunderte mussten draußen bleiben. Nicht nur jeder der neuen Stühle im Leoparden-Design, auch jeder Quadratzentimeter auf dem Fußboden wurde besetzt.

Dass der 1945 in Düsseldorf geborene und in den USA lebende Wenders gute Filme macht, müssen mittlerweile die größten Kritiker anerkennen. Der Goldene Löwe 1982 für “Der Stand der Dinge”, die Goldene Palme in Cannes 1987 für “Paris, Texas”, regelmäßig Präsenz auf den wichtigsten Festivals und zwischendurch Meisterwerke wie “Der Himmel über Berlin”. Wenders galt vor Jahrzehnten noch als stiller, schwieriger Filmemacher. Doch in Locarno sah man einen anderen Wenders. Die scheidende Festivaldirektorin Irene Bignardi betonte in ihrer Laudatio, dass er zwar schon Filmgeschichte geschrieben habe, aber seine Filme noch immer jünger seinen, als das, was die Jungen machen. Zum Beweis bedankte sich der Regisseur in fließend Italienisch, Englisch und Deutsch, zögerte kurz, um originell zu beantworten, was ihm der Ehrenleopard bedeutete. Dann juckte es ihm an der Brust, er lupfte das schwarze T-Shirt unter seinem Jackett und zeigte sich darunter im Leoparden-Look als Super-Leo. So ließ noch niemand auf der Piazza seine Liebe zu Locarno unter die Haut gehen. Nun ist Wenders auch ein Platz in der Festivalgeschichte sicher. Bevor er unter lautem Applaus von der Bühne abtrat und der Film startete, gab er sich noch politisch-kabarettistisch: Er begrüßte den kulturell urlaubenden Kanzler Schröder viel sagend mit den Worten, “Ich hoffe, sie gehen nicht vor dem Ende!”

Auch Wenders folgender Altherren-Western “Don’t come knocking” begeisterte auf der Piazza. Ein herunter gekommener Filmstar begibt sich darin auf die Suche nach seinen Kindern, von denen er nichts wusste.

Schon am Morgen gab es die erste Ehrung für Wenders. Die ökumenische Organisation “Interfilm”, die in diesem Jahr ihr 40.Jubiläum feiert, verlieh ihm einen Spezialpreis. Damit wurde neben seiner herausragenden künstlerischen Leistung auch sein Bekenntnis zum christlichen Glauben gewürdigt, obwohl man Gottesbezüge in Wenders Filmen nicht auf Anhieb finden kann.


Ein FILMtabs.de Artikel