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Zwischen Himmel und Erde

GB 1998 (Among Giants) Regie Sam Miller, 96 Min.

Aus England kommt ein extrem abgehobener Film, aber Menschen mit Höhenangst brauchen sich nicht zu sorgen, denn so richtig kommt "Zwischen Himmel und Erde" nicht vom Boden weg. Ray (Pete Postlethwaite) und seine Jungs sind leidenschaftliche Bergkraxler und ideal für den Job: Es gilt, ein paar hundert Hochspannungsmasten frisch zu streichen. Zudem sieht es wieder aus, wie in den meisten britischen Filmen: beschissen. Die Männer sind alle arbeitslos, müssen schwarz und unversichert arbeiten und können ihre Schulden trotzdem kaum bezahlen. Der Auftraggeber macht zudem mächtig Druck, wenn der Job nicht rechtzeitig erledigt ist, gibt es gar kein Geld.

Doch das trübt die Stimmung nur momentweise. Ansonsten einfältiges Scherzen und Singen auf den eindrucksvollen Riesen, die vor sich hinknarren und im Wind erklingen. Wie Seeleute (oder die stummen Figuren von Angelopoulos) hängen die farbverschmierten Kletteraffen auf den Querstreben. Und wie auf den Schiffen hätten sich die simplen Jungs nicht mit dieser einen Frau einlassen sollen. Gerry (Rachel Griffiths) kommt aus Australien, ist Freeclimberin und bewegt sich auch im Leben frei und ohne Sicherungsleine. Sie gefällt allen und darf bald mitarbeiten. Ihre Entscheidung fällt auf den ältesten, den Boß Ray. Dessen bester Freund Steve (James Thornton) haut eifersüchtig ab und auch Gerry verträgt das Glück nicht allzulange. Da diese Leute nicht miteinander reden, nicht verzeihen oder sich eine neue Chance geben können, ist alles bald vorbei.

Richtig reden kann der Film auch nicht, da die Synchronisation kein guten, geschwiege ein lebendiges Deutsch herbrachte. So geht jede Authentizität verloren, die der Film vielleicht einmal besaß. Übrig bleiben erhebende Szenen, entstanden mit Hilfe von Musik, hohen Kamerakränen und Hubschraubern. Da bringt er auch ohne die weitschweifenden Dialoge etwas Sehnsucht rüber, kleine Fluchten aus einer verfallenden Industrielandschaft. Wie die romantischen Verliebten in eskapistischen Film unter Wasserfällen baden, finden sich Ray und Gerry hier unter den Niederschlägen der Hochöfen, klettern auf Gasspeicher und sind auf Hochspannungsmasten mitten in der Natur. Das hätte genügend Widerspruch für einen spannenden Film liefern können, doch auf dem Boden verlieren Dialoge und Inszenierung des Kino-Neulings Sam Miller jeden Halt. Es ist ein Hohn, daß gerade diese träge, in keiner ihrer Handlungsdrähte funkenden Geschichte sich um Hochspannung in Form von Masten dreht.

Das Buch stammt von Simon Beaufoy, dessen spätere Arbeit für "Ganz oder gar nicht" oscarnominiert wurde. Der Originaltitel lautet übersetzt "Unter Riesen". Es sind tatsächlich Riesen, die da in der Landschaft stehen. Eine lange Reihe grauer Giganten, die über Hügelketten kriechen. Dazwischen erweisen sich die Menschen als zu klein, vor allem emotional als Zwerge. Es bleibt ein heller Moment, ein kurzes Glück in Form eines rosa gestrichenen Hochspannungsmastes.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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