Zwielicht
Von Günter H. Jekubzik
Der Fall scheint klar: gerade als die Polizei am Ort des Verbrechens eintrifft, flieht Aaron Stampler und wird nach wilder Verfolgung gestellt. Zum verstört wirkenden, kaum der Sprache mächtigen Jugendlichen paßt die grausige Tat: Der Erzbischof Chicagos wurde blutig erstochen, Aaron war sein Ministrant.
Als Staranwalt Martin Vail (Richard Gere) in der Gefängniszelle auftaucht, hat er vermutlich wieder einen Fall, der seinen Ruhm vergrößern kann. Vail macht dem stammelnden Stampler knallhart klar, wie der Fall laufen wird. Mit dem gleichen, offensichtlichen Vergnügen berichtet er einem Reporter von seiner Anwaltsmoral. Die Sache wird spannend, als der Chefankläger, ein Freund des ermordeten Erzbischofs, Rache will, und eine ehemalige Kollegin und Geliebte Vails zur Staatsanwältin erwählt. Doch richtig undurchsichtig gestaltet sich das "Zwielicht" als im Hintergrund auch noch ein heruntergekommenes Viertel auftaucht, dessen millionenschweren Spekulationen fast alle mit dem Mord Beschäftigten einbeziehen.
Dies wird jedoch nicht die letzte Überraschung in "Zwielicht" sein. Das brillante Buch (Steve Shagan und Ann Biderman nach dem Roman von William Diehl) bietet neben dem Mordfall einen gemeinen Liebeskampf, einen Mißbrauchsskandal und einen Politthriller an. Dazu fesselnde Psychostudien vom Täter/Opfer Aaron (Edward Norton) und dem alles überstrahlen Martin Vail. Während ein Zitat aus dem "Scharlachroten Buchstaben" die Aufmerksamkeit zum anderen Janusgesicht dieses Überfliegers lenkt, schlummert in einer anderen Figur ein veritabler Hannibal Lector.
Richard Gere spielt (unter der Regie von Gregory Hoblit) eine Paraderolle: Hinter seinem gewinnenden Lächeln verbergen sich scheinbar Abgründe - fast wie in "Internal Affairs." Doch der Auftritt Geres ist (von Zitaten wie der Automarke unterstützt) noch immer noch eine Show für sich - ganz wie in "Ein Mann für alle Fälle". "Zwielicht" ist spannend und bis in Nebenrollen - wie Irene Jacob ("Drei Farben: Rot") als Vails Assistentin - hervorragend besetzt. Dabei sind allein die Überraschungen dieses Film sein Geld wert.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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